MAD-Check für Rekruten
31. August 2016Der Zeitsoldat Daniel B. diente auf einer Luftwaffenbasis in Nordrhein-Westfalen. 47 Monate habe er "treu gedient" und keine Straftaten begangen, sagte sein Anwalt vor Gericht. Er vertrat Daniel B. bei der Klage gegen die Bundeswehr. Die hatte ihn 2014 entlassen, weil man ihm vorwarf, den Koran über das Grundgesetz zu stellen und sich für den Dschihad zu begeistern.
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hatte gegen den Sohn eines deutschen Vaters und einer niederländischen Mutter ermittelt und ihn als radikalen Salafisten eingestuft. B.s Klage gegen die Entlassung scheiterte. Die Richter bestätigten: Wer nicht als grundgesetztreu gilt, darf aus der Armee entlassen werden.
Daniel B. ist einer von 24 Soldaten, die der MAD von 2007 bis heute als Islamisten erkannte. 19 wurden entlassen, fünf fielen erst zum Ende ihrer Dienstzeit auf. In 64 Fällen wird der Islamismus-Verdacht noch geprüft, das bestätigte ein MAD-Sprecher der DW. Ebenso überprüfe man 268 mutmaßliche Rechtsextremisten und sechs mutmaßliche Linksextremisten.
MAD-Check nur bei aktiven Soldaten erlaubt
Der bundeswehreigene MAD ist nur für Angehörige der Bundeswehr zuständig. Wie kann man vermeiden, dass Extremisten überhaupt Mitglied der Bundeswehr werden, um sich dort an Kriegswaffen ausbilden lassen? Das Kabinett brachte eine Änderung im Soldatengesetz auf den Weg: Ab Juli 2017 soll der MAD ausgewählte Bewerber noch vor der Einstellung überprüfen. Es geht um etwa 20.000 Neueinstellungen pro Jahr, heißt es im Bundesministerium für Verteidigung (BMVG).
Bisher müssen Neuzugänge lediglich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und sich zum Grundgesetz bekennen. Ein Geheimdienst-Check ist nur bei aktiven Soldaten wie Daniel B. erlaubt.
Das führt zu einer Sicherheitslücke, argumentiert man im Gesetzentwurf aus dem Haus von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Für das Ziel, keine Extremisten einzustellen, sei die Bundeswehr gerade angesichts des internationalen Terrorismus nicht gut genug gerüstet.
Schutz vor der Einstellung von Islamisten und Rechtsextremisten
Das habe man der Bundeswehr ja schon im Zusammenhang mit dem Rechtsterrorismus des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) vorgeworfen, heißt es in dem Papier weiter. Auch dem begegne man mit der geplanten Änderung. Bisher jedenfalls sei es möglich, "dass eine an anderer Stelle bereits als Extremistin oder Extremist erkannte Person … als Soldatin oder Soldat in die Bundeswehr eingestellt wird".
Wie alle Neuen könnte also auch ein "an anderer Stelle erkannter" Extremist bei der Bundeswehr Gefechtstraining und eine Ausbildung an Kriegswaffen erhalten, also genau das, was gewaltbereite Islamisten ihren Anhängern empfehlen. In der Begründung zur Änderung des Soldatengesetzes heißt es warnend: "Aktuell liegen Hinweise vor, dass islamistische Kreise versuchen, sogenannte 'Kurzzeitdiener' in die Bundeswehr zu bringen, damit sie eine solche Ausbildung erhalten."
Von 30 ehemaligen Soldaten weiß man, dass sie seit 2007 in den Irak oder nach Syrien ausgereist sind. Für ehemalige Soldaten sei der militärische Geheimdienst nicht zuständig, heißt es, aber natürlich interessiere man sich auch für diese Personen.
Für die aktiven Soldaten sind keine Zusatzkontrollen geplant
Interessieren wird man sich künftig für jeden Bewerber, der eingestellt werden soll. Man rechnet mit acht Millionen Euro Mehrausgaben pro Jahr. Etwa 90 neue Stellen sollen bei MAD und Bundeswehr geschaffen werden, um alle Neuen zu überprüfen: in erster Linie mit einer "Kartei-Abfrage" bei anderen Diensten und Sicherheitsbehörden.
Aber was ist mit denen, die jetzt schon bei der Bundeswehr dienen? Knapp 177.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zählt die Bundeswehr derzeit. Lückenlose Überprüfungen durch den MAD, der bisher knapp 1100 Mitarbeiter hat, soll es auch künftig nicht geben, heißt es im Gesetzentwurf.
Der MAD wird nur tätig, wenn jemand eine "sicherheitsempfindliche" Tätigkeit übernimmt, an einer Sabotage-gefährdeten Stelle arbeitet wie einem Waffen- oder Munitionsdepot oder wenn er Vorgesetzten oder Kameraden auffällt, wie das bei Zeitsoldat Daniel B. der Fall war. Bundeswehr und MAD setzen darauf, dass sie Fälle wie seinen rechtzeitig erkennen, ebenso wie gewaltbereite Rechtsextremisten in den eigenen Reihen.