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Geiseln als Faustpfand im Nahen Osten

31. Dezember 2005

Die Entführung von Ausländern als Mittel der Auseinandersetzung hat in einigen Staaten des Nahen Ostens "Tradition". Derzeit befinden sich etwa 60 Ausländer in der Gewalt arabischer Geiselnehmer, die meisten im Irak.

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Je bizarrer die Gegend, umso besserBild: dpa - Bildfunk

Motive und Ablauf der Geiselnahmen in den unterschiedlichen Ländern weichen stark voneinander ab. Eines ist ihnen jedoch gemein: In der Regel brachten Geiselnehmer die Opfer in ihre Gewalt, um sie als Faustpfand bei der Durchsetzung politischer Forderungen einzusetzen. Oft sollten Gesinnungsgenossen freigepresst werden.

Stammesfürsten lassen Geiseln nehmen

Jemen - Shibam - Chicago der Wüste
Im JemenBild: dpa Bilderdienste

Die erste große Entführungswelle in der Region gab es in den 1980er Jahren im vom Bürgerkrieg verwüsteten Libanon. Im Jemen wurden in den vergangenen 15 Jahren mehr als 200 Ausländer entführt, darunter zuletzt der deutsche Ex-Diplomat Jürgen Chrobog. Einen Tag nach der Freilassung der Familie Chrobog sind im Jemen fünf Italiener entführt worden. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurde die Gruppe von einem Stammesmitglied in der Region Marib im Osten des Landes verschleppt. Bei den Entführten handele es sich um Männer.

Kein unabänderliches Schicksal

Entführung TWA Flug 847 in Beirut
Flugzeugentführung im Libanon, 19.6.1985Bild: AP

Als der Libanon mit seinen rivalisierenden Glaubensgruppen zwischen 1975 und 1990 in Krieg und Chaos versank, wurden die Entführungen zu einem fast alltäglichen Mittel der Politik. Mehr als 60 Bürger westlicher Länder gerieten in die Hände von Geiselnehmern. Viele von ihnen mussten jahrelang in Gefangenschaft leben. Die beiden Deutschen Heinrich Strübig und Thomas Kemptner wurden im Mai 1989 verschleppt und kamen erst drei Jahre später wieder frei. Mit der Entschärfung des Pulverfasses Libanon in den 1990er Jahren wurden die Fälle von Entführungen in der arabischen Welt seltener.

Erst entführt, dann ermordet

Koreanische Geisel im Irak enthauptet
Video der irakischen Entführer von Kim Sun-il aus SüdkoreaBild: AP

Vor allem das Abdriften des Irak in einen latenten Bürgerkrieg hat das schmutzige politische Geschäft mit der Verschleppung von Ausländern zurück auf die Tagesordnung gebracht. Mehr als 50 Bürger anderer Staaten sitzen derzeit im Irak in Geiselhaft, für weitere rund 40 Geiseln hat die Entführung mit der Ermordung geendet. In den meisten Fällen fordern die Entführer von den Herkunftsländern ihrer Geiseln den Abzug ausländischer Truppen und den Abbruch der Beziehungen zur Regierung in Bagdad. Besonders großes Aufsehen im Westen erregen die Verschleppungen westlicher Ausländer wie der kürzlich befreiten Susanne Osthoff oder des seit vier Wochen entführten französischen Ingenieurs Bernard Planche.

Nachahmung falscher "Vorbilder"?

Gaza-Siedlungen werden geräumt
Bild: AP

Relativ neu ist das Phänomen der Entführungen im palästinensischen Gazastreifen. Hier kam es in der vergangenen Monaten wiederholt zu kurzzeitigen Verschleppungen von Ausländern. Letztes Opfer war die britische Entwicklungshelferin Kate Burton, die in der Nacht zum 31. Dezember 2005 zusammen mit ihren Eltern wieder freikam. Militante Palästinenser haben aber am Neujahrstag im südlichen Gazastreifen zwei Ausländer verschleppt. Augenzeugen hatten von der Entführung des Italieners in der südlichen Stadt Chan Junis berichtet. Der Mann sei aus einem Minibus gezerrt worden, in dem zehn weitere Ausländer gesessen hätten. Bei den Entführern handelt es sich zumeist um einheimische Gruppen, die Anhänger und Mitglieder aus der Haft freipressen wollen. (afp)