Migranten aus Griechenland
28. Mai 2013Seit drei Monaten leben der 20-jährige Giorgos Polychroniadis und seine 18-jährige Schwester Sofia nun in Deutschland. Sie wohnen in Meschenich, einem Kölner Vorort. "Zwei, drei Jahre lang haben wir in der Familie darüber gesprochen. Wir wollten nach Deutschland, weil uns das Land gefällt", sagt Giorgos. Ihre Vorstellungen waren allerdings oberflächlich - in Deutschland waren sie vorher nur als Touristen. Ihr Vater aber hatte ein etwas genaueres Bild von dem fremden Land im Norden - der 50-jährige Nikos Polychroniadis war Autohändler in Griechenland, er verkaufte gebrauchte Autos aus Deutschland.
Die Finanzkrise erfasste auch das Unternehmen des Vaters, das Leben in der kleinen Stadt Skydra in Nordgriechenland wurde immer schwerer, erzählt Giorgos. "Es gab keine Arbeit. Zuerst gingen meine Eltern im September 2012 nach Deutschland." Sechs Monate später folgten ihre Kinder. "Innerhalb dieses halben Jahres hat sich die Situation in Griechenland dramatisch verschlechtert. Immer mehr Menschen verloren ihre Arbeit."
Mit der Hilfe von Freunden
Gute griechische Freunde und die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) in Köln haben der Familie von Giorgos und Sofia geholfen und sie mit den notwendigen Informationen versorgt. Denn viele griechische Migranten kämen oft unvorbereitet und mit falschen Vorstellungen nach Deutschland, sagt Christina Alexoglou Patelkos. Die Griechin arbeitet seit Jahren für die DHW, ehrenamtlich berät sie auch Zuwanderer in griechischer Sprache. In den vergangenen Monaten sei die Anfrage enorm gestiegen, sowohl die DHW als auch sie persönlich fühlten sich oft überfordert.
Nikos Polychroniadis hat mit Hilfe von Christina Alexoglou Patelkos die Ankunft seiner Kinder vorbereitet. "Er rief mich an und ich habe ihm erklärt, welche Dokumente notwendig sind, und vor allem wie wichtig es ist, die zuständigen Institutionen persönlich aufzusuchen und die Sprache zu lernen."
Kein Weg zurück
Mit dem Deutschlernen haben Giorgos und Sofia schon in Griechenland begonnen. Seit ihrer Ankunft in Deutschland besuchen sie einen Integrationskurs in der örtlichen Volkshochschule, wo sie intensiv Deutsch lernen. Auch beruflich wollen sie weiterkommen. Giorgos hat schon eine IT-Berufsschule in Griechenland absolviert, sein Traum ist eine Weiterbildung in diesem Bereich in Deutschland.
Seine Schwester Sofia will in Zukunft als Krankenschwester arbeiten. Sie hat ebenfalls eine Berufsschule in Griechenland abgeschlossen und ab September 2013 soll sie ein Berufskolleg in Köln besuchen. Sie strahlt vor Freude wenn sie darüber spricht. Nach Griechenland möchte sie keinesfalls zurückkehren. "Sehr wahrscheinlich würde ich keine Arbeit finden. Und selbst wenn, würde ich so wenig Geld verdienen, dass ich mir kein Auto, kein Urlaub und in Zukunft auch keine Familie leisten könnte."
Sofia hat vor wenigen Tagen ihren ersten Lohn erhalten - 1070 Euro. Zusammen mit ihrem Bruder und Vater jobbt sie in einer Gemüsefabrik. Sie arbeiten auf Stundenlohnbasis, manchmal bis Nachmittag, aber manchmal auch bis zur Mitternacht. Sofia freut sich riesig über das Geld. Nun kann sie anfangen, für ein kleines Auto zu sparen.
Bald ist die Familie wieder zusammen
Die Familie Polychroniadis ist sehr zufrieden mit ihrer Situation. Sie hätten keine Zukunftsangst mehr und seien auch nicht so gestresst wie früher. Was die angespannten deutschgriechischen Beziehungen und die Vorurteile gegen die Deutschen angeht, ist Sofia kategorisch: "Nichts stimmt davon. Man hörte in Griechenland, dass in Deutschland abends nichts mehr läuft. Das Gegenteil ist der Fall. Den ganzen Tag gibt es gut gelaunte Leute auf den Straßen. In Griechenland ist es seit langem nicht mehr so. Oft waren wir abends aus und alle Geschäfte waren leer, es gab nichts."
Sofia und Giorgos haben noch einen kleineren Bruder. Der 17-jährige Ilias macht bald sein Abitur in Griechenland und sobald er fertig ist, wird auch er nach Deutschland kommen. Die Familie ist sich sicher: Auch das dritte Kind soll aus der griechischen Misere gerettet werden.