Prozessauftakt gegen IS-Unterstützer
21. Januar 2015Nein, Angaben zur Person sowie zu den Tatvorwürfen wollte Karolina R. nicht machen. Genau so wenig, wie ihre beiden Mitangeklagten Ahmed-Sadiq M. und Jennifer M. Auch ihr Gesicht wollte die 25-jährige Deutsch-Polin nicht zeigen, zumindest nicht den Kameras. Zum Auftakt des Prozesses gegen die drei Bonner erschien Karolina R. voll verschleiert. Sie sollen die Terrormiliz Islamischer Staat unterstützt haben. Nachdem die Kameras den Gerichtssaal verlassen hatten, beschränkte sich die Hauptangeklagte allerdings auf das Tragen eines Kopftuchs.
Zunächst sind 25 Verhandlungstage angesetzt im streng abgeschirmten Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf, um die Vorwürfe der ermittelnden Generalbundesanwaltschaft zu prüfen. Karolina R. soll die Terrormiliz Islamischer Staat mit insgesamt rund 11.000 Euro sowie Kameras für die Produktion von Propagandavideos versorgt haben. Für Simon Heinrichs, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof, sind dadurch zwei Straftatbestände erfüllt: "Einmal die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und zum anderen die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Nach unserer Rechtsauffassung liegen beide Straftatbestände hier tateinheitlich vor bei den Fällen der Geldzahlungen." Für Staatsanwalt Henrichs ist klar, dass man mit 11.000 Euro gerade in Syrien "schon einiges bewirken könne", weshalb es sich um einen "ganz erheblichen Vorwurf" handele.
Untersuchungshaft mit Kleinkind
Immerhin sitzt die Angeklagte wegen dieser Vorwürfe schon seit rund zehn Monaten in Untersuchungshaft, zusammen mit ihrem mittlerweile zwei Jahre alten Sohn. Karolina R. hat deshalb einen gewissen Märtyrerstatus innerhalb der islamistischen Szene. Eine Facebookseite ruft eigens zur Unterstützung für sie auf, derzeit von knapp 2500 Usern "geliked".
Das Geld soll Karolina R. an ihren nach islamischen Recht angetrauten Ehemann geschickt haben. Fared S. hatte Deutschland nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Mitte 2013 Richtung Syrien verlassen, um sich dort bei einer der zahlreichen Milizen dem vermeintlichen Dschihad anzuschließen. Auch Karolina R. soll einmal mit ihrem Sohn nach Syrien gereist sein. Dem sogenannten Islamischen Staat schloss Fared S. sich erst später an. Kurzzeitig soll Fared S. in Gefangenschaft bei der als moderat geltenden Freien Syrischen Armee gewesen sein. Nach seiner Freilassung im Februar 2014 soll Fared S. telefonisch Kontakt zu seiner Frau aufgenommen haben. Er wünschte sich, so die Anklageschrift, "neues Geld für neue Ausrüstung für sich und seine Brüder".
Gräuelvideo mit Ex-Mann
Im Sommer 2014 erlangte Fared S. unter seinem neuen Namen Abu Luqmaan traurige Berühmtheit in einem IS-Propagandavideo. Dort posierte der Mann von Karolina R. inmitten von Leichenbergen und ruft begeistert: "Wie ihr sehen könnt, haben wir geschlachtet." Auch der Berliner Ex-Rapper Denis Cuspert ist auf dem Video zu sehen. Er zählt zu den wichtigsten Propagandisten des sogenannten Islamischen Staates.
Zu dem Zeitpunkt war Karolina R. allerdings schon längst in Haft, betont Bernhard Falk. Der ehemalige Linksterrorist Falk ist seit Jahren in der islamistischen Szene aktiv, speziell in der Betreuung von Gefangenen. Auch in Düsseldorf sitzt Falk zur moralischen Unterstützung der Gefangenen auf der Zuschauerbank des Gerichts. Auf seiner Facebookseite fordert er "Solidarität mit den zwei Schwestern und dem Bruder, die auf der Anklagebank sitzen".
Katholikin wird strenge Muslima
Karolina R. hatte sich während ihrer Zeit als Schülerin in Bonn radikalisiert. Gegenüber dem Bonner Generalanzeiger schilderte ihr ehemaliger Schulleiter, dass Karolina plötzlich vollverschleiert zum Unterricht erschienen sei. Bei der Abiturprüfung habe man sie bitten müssen, ihr Gesicht zu zeigen. Man habe ja wissen müssen, wer da die Prüfung ablegte. Anders als manche männliche Konvertiten habe sich R. aber nicht missionarisch gegeben, so der Schulleiter.
Geleitet wird das Verfahren in Düsseldorf von Barbara Havliza. Seit 2012 leitet die Richterin in Düsseldorf Terrorprozesse. Gelassen ging Havliza denn auch mit einem Antrag der insgesamt sechs Anwälte der drei Angeklagten um. Die hatten sich über die aus ihrer Sicht überzogenen Sicherheitsmaßnahmen vor dem Gerichtsgebäude beklagt. Dies würde die Öffentlichkeit des Prozesses gefährden, da sich potentielle Beobachter des Prozesses abgeschreckt fühlen könnten, so die Anwälte. Die rund 20 Journalisten jedenfalls haben sich von den mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten nicht abschrecken lassen.