Geld regiert zwischen China und den USA
3. Januar 2004Seit US-Präsident George W. Bush Anfang 2001 sein Amt antrat, wird in Washington über die amerikanisch-chinesischen Beziehungen als "strategic rivalry" – als strategische Rivalität – gesprochen. Letztlich steht dahinter die Angst der USA, vom Reich der Mitte überrundet zu werden. Ökonomen der US-Investmentbank Goldman Sachs sagen voraus, das könne 2039 der Fall sein. In der Gegenwart äußert sich diese Sorge durch politische Schachzüge beider Seiten: So erließen die USA im März 2002 Strafzölle auf Stahlimporte unter anderem aus China. Auf Druck der Welthandelsorganisation mussten sie diese im November 2003 jedoch zurücknehmen. Stattdessen führten die USA kurz darauf Importbeschränkungen für Textilien aus China ein.
Längst vollzogenene Annäherung
Peking hielt hingegen bisher an seinem fixierten Wechselkurs zwischen der eigenen Währung Yuan und dem US-Dollar fest. Da die amerikanische Währung seit Februar 2002 an Wert verloren hat, sind chinesische Exporte in die USA billiger geworden und machen einheimischen Produkten noch mehr Konkurrenz. Gleichzeitig stieg der Preis für US-Importe in den Fernoststaat und macht sie auf dem chinesischen Markt unattraktiv.
Doch in den täglichen Handelsbeziehungen ist die Annäherung der beiden Wirtschaftsnationen längst vollzogen. So können US-Käufer aus einer Flut attraktiver China-Waren billig konsumieren. Die Nachfrage wirkt sich auch günstig auf die amerikanische Inflation aus. Immer mehr der gut 1,3 Milliarden Chinesen hingegen werden es zu einigem Wohlstand bringen und zunehmend Produkte kaufen, die nicht im eigenen Land gefertigt wurden – "Made in the U.S." als Statussymbol.
Wechselseitige Beteiligungen
Firmen und Konzerne aus beiden Ländern machen seit langem Geschäfte miteinander: Amerikanische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren zwölf Milliarden Dollar in der Volksrepublik investiert. Sie profitieren vor allem von geringen Lohnkosten. US-Größen wie Dell, Motorola, Caterpillar und Intel sind nur einige davon. Die Supermarktkette Wal-Mart importierte 2002 Waren für zwölf Milliarden Dollar aus China und ist dort der weltweit bedeutendste Einkäufer. Das Geschäft funktioniert auch wechselseitig, zuletzt gab die teil-staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua bekannt, dass sie den US-Finanznachrichtendienst Market News kauft. Der größte chinesische Versicherungskonzern China Life ging im Dezember 2003 in New York an die Börse.
Weshalb dann die Attacken der Bush-Regierung gegen Peking? Die USA müssen für 2003 erneut ein Handelsbilanzdefizit von 100 Milliarden Dollar hinnehmen – in dieser Höhe wurden mehr Waren aus China in die USA verkauft, als umgekehrt. Hauptursache soll der Fixkurs der chinesischen Währung am US-Dollar sein. Dieser belastet amerikanische Produzenten, sie müssen Stellen streichen oder gleich ganz schließen. Das ist nicht gut für die US-Wirtschaft und nicht gut für den Bush-Wahlkampf. Im November 2004 ist das Amt des Präsidenten neu zu besetzen.
Angedeutete Entspannung
Peking ist sich des Problems bewusst und bleibt nicht gleichgültig. Zu groß sind die gegenseitigen Abhängigkeiten mit der anderen Supermacht, die USA sind der wichtigste Handelspartner Chinas. Und: Der gute Yuan-Kurs hat auch für eine Dollar-Schwemme in China gesorgt. Das Land hat in den vergangenen Jahren eine Devisenreserve von fast 400 Milliarden Dollar angespart, der zweithöchste Bestand nach Japan. Der größte Teil ist in kurzfristigen US-Anleihen angelegt, damit ist Pekings Regierung Kreditgeber Washingtons. Allerdings ist es für China nachteilig, diese Anleihen zu verkaufen, so lange der Dollar-Wert niedrig ist. Darauf, wie er sich entwickelt, kann wiederum die US-Notenbank Federal Reserve Einfluss nehmen.
Die Lage könnte sich diesmal durch ein angedeutetes Entgegenkommen Pekings entspannen. In einem chinesischen Pressebericht war Ende Dezember 2003 zu lesen, dass China die ausschließliche Bindung des Yuan an den Dollar aufgeben will. Die Zeitung "China Business Post" beruft sich dabei auf Kreise der chinesischen Zentralbank. Allerdings gibt es weder einen Zeitplan noch sei eine erhebliche Verteuerung des Yuan zu erwarten. Doch das Signal der Chinesen Richtung USA ist deutlich: Wir lassen mit uns reden.