Gemeinden: "Aufnahmefähigkeit begrenzt"
5. Januar 2016Er wollte nicht immer meckern, so Roland Schäfer, schließlich habe sich viel getan. "Aber es reicht nicht." Denn das vergangene Jahr habe, so der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes bei der alljährlichen Pressekonferenz zum Jahresauftakt in Berlin, viele Kommunen an den Rand der Belastbarkeit gebracht. Ohne die vielen freiwilligen Helfer hätten sie die Unterbringung und Versorgung der vielen Flüchtlinge, die ins Land kommen, vielerorts überhaupt nicht leisten können. Deshalb müsse der Flüchtlingsandrang 2016 begrenzt werden, erklärte Schäfer, der gleichzeitig Bürgermeister im nordrhein-westfälischen Bergkamen ist.
Bundesregierung und Länder hatten sich im September geeinigt, dass der Bund künftig bis zum Ende des Asylverfahrens pro Flüchtling den Kommunen jeden Monat 670 Euro bezahlt. Doch das Geld reicht nach Angaben des Städtebundes nicht: Um die Integration der Flüchtlinge zu meistern - laut Schäfer "die zentrale Aufgabe der kommenden Jahre" - benötigten die Kommunen zusätzliche Hilfen. Nur ein Beispiel: Die Kommunen rechnen allein in diesem Jahr mit Kosten für zusätzliche Lehrer für 300.000 Schüler. 100.000 neue Kindergartenplätze würden benötigt, aber auch der Neubau von Schulen und Kindertagesstätten.
Hinzu kommt die Unterbringung von Sozialhilfeempfängern. Die Kosten dafür tragen die Kommunen bis zu 70 Prozent. Aufgrund der großen Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben und noch eine Arbeitsstelle finden müssen, wird die Zahl der Arbeitslosen laut Hauptgeschäftsführer Georg Landsberg um schätzungsweise 500.000 Menschen anwachsen. Die zusätzlichen Kosten für die Kommunen belaufen sich nach Schätzungen des Städtebundes auf etwa 600 Millionen Euro.
Residenzflicht für anerkannte Flüchtlinge?
Deshalb fordern die Städte und Gemeinden die Einführung einer neuen "Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Migration und Integration", um langfristig die Aufnahme, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge zu finanzieren.
Gleichzeitig müsste kurzfristig mehr Flexibilität gelten, so Landsberg, vor allem beim Wohnungsbau: So müssten etwa gewisse Baustandards gelockert werden, damit schnell neue Wohnungen gebaut oder saniert werden könnten. Auch größere Kita- und Schulklassen seien für eine gewisse Dauer vermutlich nötig.
Der Städtebund, ein Zusammenschluss der etwa 11.000 deutschen Städte und Gemeinden, schlägt außerdem eine Residenzflicht auf Zeit für anerkannte Flüchtlinge vor, damit diese vor allem in ländlichen Gebieten bleiben und nicht in größere Städte ziehen, wie dies derzeit oft der Fall ist. "Wenn wir die Leute einigermaßen verteilen wollen, kommen wir da nicht herum", so Landsberg. Nötig sei auch eine regionale Wirtschaftsförderung, um Jobs vor allem in ländlichen Regionen zu schaffen, in denen zum Teil Wohnungen leer stehen.
Doch trotz aller Herausforderungen gehe er "nicht pessimistisch ins neue Jahr", so Schäfer: "Wir haben die Chance, das alles hinzubekommen."