Gemischte Gefühle
8. Februar 2014Ein wenig mulmig ist mir schon zu Mute, als ich im Wartebereich des Frankfurter Airports sitze. Auf dem Weg zum Flughafen hatte mich die Nachricht über die versuchte Flugzeugentführung in der Türkei erreicht. Nicht gerade die optimale Einstimmung auf die Reise. Überhaupt - viel Negatives ist berichtet worden im Vorfeld dieser 22. Olympischen Winterspiele. Auch ich musste mich oft kopfschüttelnd fragen lassen, warum ich diese Reise antrete.
Die Eröffnungsfeier der Winterspiele habe ich noch zur Hälfte zu Hause beim Kofferpacken geschaut, nun geht es auch für mich los nach Sotschi. Der Flug startet erst spät am Abend um 22:35 Uhr mit der russischen Fluglinie Aeroflot. Der Airbus A321 sei mit knapp 80 Fluggästen nahezu leer, sagt mir die Dame beim Check-in-Schalter und winkt mein überzähliges Handgepäck durch. Ausnahmsweise.
Kanadisch-niederländische Fanfreundschaft
Nach eingehender Überprüfung meines Handgepäcks - einschließlich einer Sprengstoffkontrolle, die ich noch nie habe über mich ergehen lassen müssen - erreiche ich endlich den Sicherheitsbereich. Dort sitzen vorwiegend Männer, Journalistenkollegen aus aller Welt, aber auch Funktionäre und Fans. Zunächst herrscht Stille, gebannt schauen die meisten auf den Fernseher, wo Nachrichten zur gescheiterten Flugzeugentführung gezeigt werden.
Dann reißt uns eine bestens gelaunte Truppe aus Kanada aus den trüben Gedanken. Alle sechs sind traditionell in rot-weiß-schwarz gekleidet und tragen den Schriftzug "Canada" auf ihren Jacken, Mützen und Schals. Brian aus Midland, Ontario, setzt sich und beginnt sofort ein Gespräch mit der älteren Dame neben ihm. Sie komme aus den Niederlanden und werde ihre Nation beim Eisschnelllauf anfeuern. "Oh, ich liebe die Niederlande", ruft plötzlich eine Frau aus der kanadischen Reisegruppe. Wo denn bitteschön die orangene Kluft sei? Prompt kramt die Herausgefprderte unter großem Gejohle einen orange-glitzernden Hut aus ihrem Rucksack und die Verbrüderung geht weiter. "Wir feuern euch an und ihr uns", beschließen die Wintersportfans, die das deutsche Bier übrigens "very delicious" finden, wie sie sehr oft betonen.
Der bulgarische ADAC
Als wir einsteigen, fragt mich ein älterer Herr mit den olympischen Ringen auf seiner Jacke tatsächlich, ob ich eine der Athleten sei. Fassungslos starre ich ihn an, auf diese Idee wäre ich nun nie gekommen, schließlich trage ich eine unspektakuläre graue Jacke und kein kunterbuntes Athleten-Outfit. Außerdem wäre ich dann ja bestimmt auch bei der Eröffnungszeremonie dabei gewesen. Der Herr stellt sich mir als der bulgarische Vizepräsident des Olympischen Komitees und Präsident des Automobilklubs vor - "so wie der ADAC in Deutschland", fügt er hinzu. Die aktuelle Imagekrise des ADAC erwähnen wir beide an dieser Stelle nicht. Er finde die "Neureuthers" ganz toll, beginnt er zu schwärmen. Letztes Jahr sei er in Garmisch-Patenkirchen gewesen. "Die Rosi Mittermaier, die Mutter, die ist so nett." Und der Sohn, der Felix sei sehr, sehr stark.
Ungewohnte Perspektive
Der Flug vergeht schnell. Nach vier Stunden mit einigen Turbulenzen beginnen wir den Landeanflug auf Sotschi. In der Dunkelheit ist das Meer schwer auszumachen, doch die vielen Lichter an der Küste sieht man schon von Weitem. Das Flugzeug fliegt ganz nah am Olympischen Dorf vorbei und tatsächlich - ich kann von meinem Seitenfenster aus das Olympische Feuer sehen, das ja erst vor wenigen Stunden entfacht worden war. Irgendwie ist es auch für mich das Signal, dass es jetzt richtig los geht. Um 5:30 Uhr Ortszeit landen wir. Am Flughafen sind noch viele Volunteers wach und auch später in der sehr weitläufigen Hotelanlage findet noch eine kleine, aber sehr laute Party statt. Erschöpft und erleichtert falle ich gegen 7 Uhr endlich ins Bett und denke: "Heute werden die ersten Medaillen vergeben." Und das wird auch Zeit!