Generalversammlung in turbulenten Zeiten
20. September 2012Lähmung, Blockade, Stillstand - der UN-Sicherheitsrat bekommt derzeit keine gute Presse, vor allem nicht beim Thema Syrien. Dreimal schon haben Russland und China Resolutionen abgeschmettert, die den Druck auf Präsident Baschar al-Assad erhöht hätten. Die beiden Vetomächte im Sicherheitsrat sind Verbündete der syrischen Regierung. Diese Lähmung schade nicht nur dem syrischen Volk, kritisierte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, sondern auch dem Ansehen des Sicherheitsrats.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle appellierte an Russland und China, das Regime Assad nicht länger zu stützen und zu schützen. "Die unerfreuliche und kritikwürdige Blockadesituation im Sicherheitsrat" müsse überwunden werden. Bisher sehe er in diesem Punkt allerdings "keine ausreichende Bewegung", beklagte Westerwelle vor seiner Reise zur UN-Generalversammlung nach New York.
Sorge um Syrien
Der Außenminister hofft nun, dass rund um die Generalversammlung eine neue, positive Dynamik entsteht. Alljährlich treffen Ende September Regierungsvertreter aus den 193 UN-Mitgliedsländern in New York ein - eine wichtige Zeit für die internationale Diplomatie. "Die eskalierende Situation in Syrien wird uns vorrangig beschäftigen", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu Beginn der 67. Generalversammlung.
Da der Sicherheitsrat zur Untätigkeit verdammt ist, ruhen nun umso größere Hoffnungen auf dem neuen UN-Sondergesandten für Syrien, Lakhdar Brahimi. Er arbeitet an einem Plan, der dem Blutvergießen ein Ende setzen soll; den Regionalmächten kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben seit dem Beginn des Bürgerkriegs mehr als 18.000 Menschen ihr Leben verloren, vor allem Zivilisten.
Deutscher Vorsitz im Sicherheitsrat
Noch bis Ende des Jahres ist Deutschland nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat und führt im September den Vorsitz. Außenminister Westerwelle wird in der nächsten Woche (26.09.2012) eine Sitzung leiten, in der eine engere Zusammenarbeit der Vereinten Nationen mit der Arabischen Liga vereinbart werden soll.
Weitere Themen in der Generaldebatte, die am kommenden Dienstag beginnt, sind die aktuellen Unruhen in islamischen Ländern und die Lage im Nahen Osten. Dass sich zwischen Israel und Palästina nichts bewegt, wird auch dem geringen Einfluss von US-Präsident Barack Obama angelastet. Der wird seine Rede vor der Generalversammlung nutzen, um seine Außenpolitik wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl zu verteidigen. Es wird erwartet, dass er darin auch zum Streit über das iranische Atomprogramm Stellung nehmen wird. Die israelische Regierung übt schon seit geraumer Zeit Druck auf die USA aus, ihr im Falle eines Angriffs auf den Iran Beistand zu leisten.
Zweiter Anlauf der Palästinenser
Besondere Aufmerksamkeit wird auch dem Auftritt von Mahmud Abbas zuteil werden, dem Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde. Er hatte im vergangenen Jahr den Antrag gestellt, Palästina als Vollmitglied in die Vereinten Nationen aufzunehmen, was unter anderem die USA - Vetomacht im Sicherheitsrat - ablehnen. Diesmal könnte Abbas versuchen, einen verbesserten Status mit mehr Rechten in den Vereinten Nationen zu beantragen. Dafür würde die Zustimmung der Generalversammlung ausreichen, und die wäre den Palästinensern wohl gewiss.