Generationswechsel bei Transparency International
22. August 2005Das war neu im Jahr 1993: Da ließ sich doch tatsächlich jemand aus dem erlauchten Kreis der Weltbank-Direktoren in den vorzeitigen Ruhestand versetzen, um sich fortan dem weltweiten Kampf gegen Vetternwirtschaft und Korruption zu widmen. Zusammen mit zehn Partnern gründete Peter Eigen Transparency International (TI).
Konzernchefs und Regierungen waren die Zielgruppen dieser Bürgerinitiative der neuen Art. Und auch die Öffentlichkeit, die seitdem viel zitierte demokratische Zivilgesellschaft, sollte sensibilisiert werden für das Thema "Korruption", das lange Zeit als eine Art "Kavaliersdelikt" angesehen wurde.
Finanziell unterstützt wird Transparency von Unternehmen und von Entwicklungsorganisationen - und der Erfolg gibt ihnen Recht, wie Peter Eigen erzählt. Die professionellen Entwicklungsorganisationen hätten inzwischen sehr viel dazu gelernt. "Aber sie sind nicht die einzigen, die darüber entscheiden, wie Geld eingesetzt wird", sagt Eigen. Da gebe es kommerzielle Interessen, die da eine Rolle spielen, und zwar sowohl auf der Geberseite als auch auf der Nehmerseite, da gebe es politische Interessen, da gebe es auch militärische Interessen. "All diese Dinge können sehr schnell eine Rolle spielen, wenn es gilt, solche großen Beträge, die unvorhergesehen in lokale Hände geraten, richtig zu verwalten."
Der Anti-Korruptionskampf
"Korruption tötet" - mit diesem Slogan wurden von Transparency International anfangs vor allem die verheerenden Folgen der Backschisch-Mentalität in den Entwicklungsländern angeprangert. Heute ist die Organisation in 122 Ländern präsent und in 87 Staaten durch eigene Sektionen vertreten.
Und im jährlichen Transparency-Korruptionsindex werden nicht nur die Entwicklungsländer regelmäßig unter die Lupe genommen. Deutschland braucht sich dabei übrigens nicht zu verstecken: Bei der letzten Untersuchung lag Eigens Heimatland auf Platz 15 von insgesamt 145 untersuchten Staaten. Es genießt damit mehr Vertrauen als zum Beispiel die USA (17), Japan (24) oder Russland (90). Die rote Laterne tragen gemeinsam Bangladesch und Haiti.
Eigen schildert anhand eines konkreten Beispiels, wie der Anti-Korruptionskampf in der Praxis funktioniert: Bei einer großen Ausschreibung, da denke jeder Anbietern, dass die anderen bestechen würden. Deshalb richtet Transparency International zusammen mit der lokalen Regierung einen so genannten "Integritätspakt" ein, in dem die Anbieter sich vertraglich untereinander verpflichten, keinerlei korrupte Zuwendungen zu machen. Wer dagegen verstoße, werde mit Strafen belegt, wie etwa die Aufnahme in eine "schwarze Liste", erklärt Eigen. "In der Weltbank gibt es inzwischen 200 Unternehmen, die sich auf schwarzen Listen befinden, die keine Aufträge von der Weltbank finanziert bekommen." Andere Strafen seien zum Beispiel der Verfall der Sicherheiten, die bei den Angeboten hinterlegt werden müssen, pauschalisierte Schadenersatzmöglichkeiten für die Anbieter, die den Auftrag verlieren, weil die anderen bestechen. Sehr wichtig, betont Eigen, sei die Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Beobachtung dieser Reformen.
Korruption in Deutschland
Auch in Deutschland hat Eigens Kampf Spuren hinterlassen: Sein Verdienst ist es beispielsweise, dass Schmiergeldzahlungen im Ausland nicht mehr hierzulande als Spesen von der Steuer abgesetzt werden können - früher war das die normalste Sache der Welt. Für den promovierten Juristen stellt übrigens die aktuelle VW-Affäre mit ihren Tarnfirmen zur Verschleierung von Geldströmungen ein Relikt aus dieser alten Zeit dar.
Nach zwölf Jahren will Eigen sich nun von der Spitze seiner Organisation zurückziehen. Der neue Vorsitzende von Transparency International soll bei der Jahresversammlung im November (11.-13.11. in Berlin) gewählt werden.
Danach wird der 67-Jährige sicher mehr Zeit mit seiner Gattin Gesine Schwan verbringen. (Die Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfur/Oder war 2004 SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten.) Für Transparency International will Peter Eigen allerdings weiter tätig sein, um weiterhin sein Lebenswerk voran zu treiben. Denn nach seiner Überzeugung ist es nach wie vor so, "dass Korruption der wichtigste Grund für die Armut in der Welt ist und für Gewalttätigkeit, Verelendung und Hoffnungslosigkeit vieler Gesellschaften, und dass man deswegen gemeinsam gegen diese Korruption vorgehen muss. Das bedeutet, dass die reichen Staaten ganz intensiv und rigoros gegen die systematische Korruption vorgehen, die immer noch von ihren Exporteuren ausgeht."