Geplante Präsidentenwahl im Senegal kurzfristig abgesagt
Veröffentlicht 4. Februar 2024Zuletzt aktualisiert 4. Februar 2024Der Senegal gilt bislang als eine der stabilsten Demokratien Afrikas. Die nächste Wahl für ein neues Staatsoberhaupt sollte in drei Wochen stattfinden. Daraus wird nun erstmals nichts. Präsident Macky Sall hat den Wahltermin kurzfristig abgesagt.
Grund dafür sei der Protest gegen die Liste der zur Abstimmung zugelassenen Kandidaten, sagte Sall in einer am Samstag übertragenen Ansprache an die Nation. Er wolle einen offenen Dialog anstoßen, um "Voraussetzungen für freie, transparente und integrative Wahlen in einem friedlichen und versöhnten Senegal zu schaffen". Wann die Wahl nachgeholt werden soll, sagte Sall nicht.
Zuvor hatte die Oppositionspartei PDS eine Verschiebung der für den 25. Februar geplanten Wahl beantragt, nachdem ihr Kandidat Karim Wade von der Abstimmung ausgeschlossen worden war. Senegals Verfassungsrat hatte mehrere Kandidaten aus rechtlichen Gründen nicht zur Wahl zugelassen - neben Wade auch Ousmane Sonko, einen weiteren populären Hoffnungsträger der Opposition.
Kritik an Wahlverschiebung
Mehrere Politiker, darunter der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Dakar, Khalifa Sall, sowie die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS kritisierten die Verschiebung der Wahl. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage.
Mit Sorge hat die Europäische Union auf Macky Salls Entscheidung reagiert. Die Absage des geplanten Wahltermins eröffne "eine Zeit der Unsicherheit" im Senegal. Die Präsidentenwahl sollte "so bald wie möglich" und "unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit" abgehalten werden, heißt es in einer Erklärung aus Brüssel. Die EU rief alle Beteiligten auf, "in einem friedlichen Klima" zu arbeiten, um eine "transparente, integrative und glaubwürdige" Präsidentenwahl abzuhalten.
Deutschlands Botschaft in Dakar warnte, dass jetzt Proteste im Senegal nicht ausgeschlossen werden könnten. Es wurde zur Vorsicht gemahnt. Größere Ansammlungen sollten gemieden werden.
Menschenrechtler beobachten seit mehreren Jahren, wie Sall der Opposition das Leben schwer macht. Die Regierung greift Politiker durch Gerichtsverfahren gezielt an. Bis zu 1000 Oppositionelle sowie Aktivistinnen und Aktivisten sind seit März 2021 festgenommen worden.
Unruhen nach Urteil gegen Ousmane Sonko
Auch das Verfahren gegen Sonko beschreiben Beobachter als politisch motiviert. Er wurde der Vergewaltigung beschuldigt und war im Juni wegen "Verführung der Jugend" zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Sonko ist vor allem bei jungen Menschen beliebt, seine Kundgebungen brachten tausende Menschen auf die Straßen. Sonkos Kritik an der früheren Kolonialmacht Frankreich kommt in dem westafrikanischen Land häufig gut an.
PDS-Kandidat Karim Wade, Sohn von Ex-Präsident Abdoulaye Wade, war vom Verfassungsgericht mit der Begründung ausgeschlossen worden, dass er zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kandidatur eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt habe und damit nicht kandidieren dürfe.
Nach Ousmane Sonkos Verurteilung im Sommer entbrannten die schwersten Unruhen seit Jahrzehnten im Senegal. Mindestens 16 Menschen kamen dabei ums Leben. Das Militär wurde eingesetzt.
Seitdem sind jegliche Demonstrationen der Opposition in der Hauptstadt verboten. Nach dem Aufruhr verkündete der seit 2012 regierende Präsident, nicht wieder antreten zu wollen. Diese Absicht bekräftigte Sall auch am Samstag, obwohl es für den Präsidenten ohnehin eine unter ihm verabschiedete Beschränkung auf zwei Amtszeiten gibt.
Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 hat es im Senegal nach Wahlen vier Mal einen weitgehend friedlichen Machtwechsel gegeben. Sall ist der vierte Präsident des Landes an der Atlantikküste, das im Osten an den von Terrorismus und Instabilität heimgesuchten Sahelstaat Mali grenzt.
AR/pg/kle (epd, dpa, rtr, afp, efe, lusa)