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"Italien ist nicht das nächste Griechenland"

Gerhard Elfers tko
6. Oktober 2018

Es sei wenig sinnvoll, das heutige Italien mit Griechenland zu vergleichen, das durch ein internationales Hilfsprogramm gerettet werden musste, meint der italienische Staatssekretär Michele Geraci im DW-Interview.

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Screenshot Schalte Michele Geraci
Bild: DW

DW: Die verbale Retourkutsche auf die Brüsseler Kritik an den wirtschaftspolitischen Plänen der italienischen Regierung war sehr heftig. Es war die Rede davon, dass die EU Italien ruiniert. Ist Ihr Land dabei, das nächste Griechenland zu werden, und wenn ja, ist es wirklich die Schuld der EU?

Michele Geraci: Die aktuelle Situation ist, wenn es um Griechenland und Italien geht, ganz anders. Sie werden in den nächsten Tagen sehen, dass unser Haushaltsplan einiges an Geld für Investitionen vorsieht. Ich denke, die meisten Analysten haben sich bisher auf unsere Schuldenquote konzentriert, wobei der Schwerpunkt auf dem Schuldenstand liegt. Wir wollen uns mehr darauf konzentrieren, was bei dieser Gleichung herauskommt - nämlich das Wachstum der Wirtschaft.

Dies ist meiner Meinung nach der einzige glaubwürdige Weg, ein Land langfristig zu einem nachhaltigen Partner zu machen. Ich glaube, dass Analysten, Investoren und die gesamte EU den Umfang und das Ziel unseres Plans verstehen und schätzen werden, sobald diese Fragen geklärt sind.

Sie sprechen über Wirtschaftswachstum. Ihre Regierung stützt ihre Voraussagen auf neue Prognosen von 1,5 Prozent Wachstum im nächsten Jahr, wobei die Europäische Kommission nur ein Plus von 1,1 Prozent erwartet, andere noch weniger. Was macht Sie so viel optimistischer als die anderen?

Einige Prognosen wurden abgegeben, bevor unser Haushaltsdokument vollständig herausgegeben wurde. Es konnten daher die Details unseres Investitionsplans nicht voll berücksichtigt werden. Sobald der Plan vollständig studiert worden ist, wird er zu einer Aufwärtskorrektur der Schätzungen führen.

Es mag einige Zeit dauern, bis man das lange Dokument verdaut hat, aber der Teil über die Investitionen ist vor allem das, an dem wir in den letzten Monaten gearbeitet haben.

Ihre Regierung hat vor den Wahlen viele Versprechungen gemacht - Sozialleistungen für Arme, eine nicht gegenfinanzierte Steueramnestie und eine Rentenreform. Es sieht so aus, als könnten Sie all diese Maßnahmen nicht finanzieren. Haben populistische Parteien Schwierigkeiten, sich an die reale Wirtschaft anzupassen?

Das glaube ich nicht. Unser geplantes Grundeinkommen wird zu einem höheren Konsum führen. Für jeden Dollar oder Euro, der für Einkommen, Steuersenkungen oder Renten ausgegeben wird, fließt mehr als einer schließlich in die Wirtschaft zurück. Dabei sind die fiskalischen Multiplikatoren jetzt, wie die meisten Analysten sagen, sogar noch höher und liegen eher bei 1,5 oder sogar 1,7, so dass die wirtschaftliche Verbesserung viel deutlicher sein wird.

Anleger verkaufen bereits italienische Anleihen. Die Kreditaufnahme wird dadurch für Italien immer teurer. Glauben Sie, dass Ihre Regierung in dieser Hinsicht insgesamt gute Arbeit leistet?

Kurzfristig kann es an den Märkten ein bisschen turbulent werden. Die müssen zuerst den vollen Umfang unseres Reformprogramms verdauen - und unser Entwurf ist ja auch ein langes Dokument. Wir haben bereits einen Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen festgestellt. Wir haben erlebt, wie Versace übernommen wurde, und vor einigen Tagen haben wir gesehen, dass ein traditionelles Motorradunternehmen gekauft wurde. Was wir also erleben, sind ein wenig Turbulenzen an den Finanzmärkten, insbesondere an den Rentenmärkten, aber es gab ein starkes Interesse an der italienischen Realwirtschaft, bei Unternehmensübernahmen. Das sind gute Nachrichten für Menschen, die sich auf die BIP-Seite der Gleichung, also das Wirtschaftswachstum, konzentrieren.

Das Interview führte DW-Wirtschaftsmoderator Gerhard Elfers.

Michele Geraci wurde zum Staatssekretär mit besonderer Verantwortung für internationalen Handel und Investitionen im italienischen Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung ernannt. Er war früher als Investmentbanker und Elektroingenieur tätig und ist Assistenz-Professor für Finanzen an der Nottingham Business School China (NUBS China).