Gerangel um Macht und Stimme
18. Februar 2003Für Aufsehen sorgten die Bemerkungen des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, der am Vorabend die US freundliche kritisiert hatte. "Das war weder sehr verantwortungsvoll noch sehr gut erzogen", sagte Chirac in Brüssel.
Die Länder hätten schweigen sollen, statt einen entsprechenden gemeinsamen Brief zu schreiben, meinte Chirac nach dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der 15 EU-Staaten zum Irak. Dem hielt der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz entgegen, Deutschland und Frankreich hätten die Partner schließlich auch nicht über ihre Initiative in Sachen Irak informiert.
Wer redet wann mit wem und worüber?
Polen, Malta und die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen werden in Brüssel nicht von ihren Regierungschefs vertreten. Die Kandidaten für einen EU Beitritt im Mai 2004 entsandten lediglich ihre Außenminister nach Brüssel, nachdem die EU ihren Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am Montag (17.2.2003) im Kreis der 15 Mitgliedstaaten abgehalten hatte. Der amtierende Präsident des Europäischen Rates und griechische Regierungschef Kostas Simitis wies Kritik am Umgang mit den Beitrittsländern vor dem Treffen zurück.
Simitis betonte am Dienstag, es sei eine feste Praxis, dass kein Land vor Unterzeichnung der Beitrittsverträge an den EU internen Beratungen teilnehmen kann. Erst wenn Verpflichtungen übernommen werden, könnten auch Rechte in Anspruch genommen werden, sagte Simitis vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Zum Abschluss des EU-Gipfels hatte Simitis erklärt, die Beitrittsländer müssten eine größeres "Bewusstsein für die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns entwickeln".
Hickhack um Kompetenzen
Polens Außenminister Cimoszewicz kritisierte, dass die Beitrittsländer nicht zu den Beratungen über die EU Position zum Irak eingeladen waren. "Ich habe keinen Zweifel, dass es besser wäre, wenn wir in Brüssel wären, um auf partnerschaftlicher Grundlage an der Diskussion teilzunehmen", sagte Cimoszewicz vor Journalisten. Die Abwesenheit von Polens Ministerpräsidenten Leszek Miller wurde offiziell mit einer länger geplanten Asien-Reise des Regierungschefs begründet.
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zeigte sich angesichts der Haltung der Beitrittsländer "enttäuscht, dass sie nicht besser verstanden haben, dass die EU mehr ist als eine Wirtschaftsunion". Polen hatte nach dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen beim EU-Gipfel von Kopenhagen im Dezember und den damit verbundenen finanziellen Zusagen in Milliardenhöhe amerikanische F-16-Jets statt französischer Mirage-Kampfflugzeuge bestellt. "Das ist schon bitter", sagte ein EU-Diplomat. (arn)