Gern gesehene Helfer
29. Oktober 2003Es waren Bilder, auf die eigentlich die amerikanischen Soldaten im Irak gehofft hatten: Hunderte Menschen an den Straßen, die "Willkommen" rufen und winken. Doch der Jubel fand in einem anderen Erdteil statt: in Liberia, Afrika, Anfang August diesen Jahres – als die ersten Friedenssoldaten in Monrovia eintrafen.
Nicht etwa UN-Blauhelme, sondern zuerst nigerianische Soldaten der Eingreiftruppe, die die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS geschickt hatte. Zwar haben die afrikanischen Soldaten am 1. Oktober ihre grünen Barette gegen UN-Blauhelme getauscht und sich in die internationale Friedenstruppe eingegliedert - doch das Beispiel zeigt: die UNO kann bei Friedensmissionen in Afrika auf lange Sicht mit lokaler Hilfe rechnen.
Regionale Lösungen bevorzugt
Truppen der ECOWAS in Liberia, Soldaten unter Kommando der Afrikanischen Union (AU) in Burundi – in Sachen Friedenssicherung treten neue Akteure auf den Plan. "Das sind auch die Truppen, die in Afrika in erster Linie in Aktion treten sollten", sagt Volker Weyel, Chefredakteur der Zeitschrift "Vereinte Nationen", im Gespräch mit DW-WORLD.
Regionale Lösungen für regionale Probleme – das ist ein Ansatz, den die UN nur zu gern unterstützen. Denn bislang standen die Friedenstruppen unter Führung der Vereinten Nationen in Afrika ziemlich allein da.
Blauhelme in Afrika: Durchwachsene Bilanz
UN-Blauhelme werden erst dann eingesetzt, wenn ein zumeist brüchiger Frieden zwischen Kriegsparteien geschlossen wurde. "Sie könnten zwar keine Kriege beenden, doch das Wiederaufflammen von Kämpfen verhindern und dem Frieden eine Chance geben", beschrieb UN-Generalsekretär Kofi Annan einmal die Rolle der Friedenstruppen.
Zwar erhielten die Blauhelme 1988 den Friedensnobelpreis, doch ihre Rolle ist umstritten. Schlechte Koordination, zu hohe Kosten, und vor allem mangelnde Durchsetzungskraft: das sind die üblichen Vorwürfe.
Peter Weyel lässt am Sinn der Friedensmissionen keine Zweifel aufkommen: "Natürlich können die Blauhelme etwas ausrichten – wenn sie denn vernünftig ausgerüstet sind". Gerade das war in der Vergangenheit häufig nicht der Fall – deshalb endete eine große Zahl von Missionen enttäuschend.
Aber auch Erfolgsmeldungen gibt es, zum Beispiel bei Einsätzen in Namibia und Mosambik, wo Blauhelme Entwaffnung bzw. Abzug der Kontrahenten überwachten und freie Wahlen ermöglichten. Heute ist der Bürgerkrieg in beiden Ländern beendet.
Neuer Schwung für Friedensmissionen
Nach erfolgreichen Friedensmissionen Mitte der 1990er Jahre sind Blauhelm-Truppen zurzeit in Afrika besonders aktiv. Sie bereiten ein Referendum in der West-Sahara vor, überwachen Grenzstreitigkeiten zwischen Äthiopien und Eritrea, sichern den Frieden in Sierra Leone, im Kongo, in der Elfenbeinküste – und seit dem 1. Oktober sind sie in Liberia. Mit bis zu 15.000 Blauhelm-Soldaten wird diese Mission die bisher umfangreichste in der Geschichte der UN sein.
Ohne UNO geht es nicht
Egal, wo bisher Truppen unter anderem Kommando als dem der UN zum Einsatz kamen: sie wurden bisher immer nach einigen Monaten von Blauhelmen abgelöst oder verstärkt. "Die UN werden mit Sicherheit auch in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Friedenssicherung spielen, nicht nur in Afrika", sagt Volker Weyel. Schließlich sei die Weltorganisation die der einzige Akteur, der wirklich international akzeptiert wird.
Der Einsatz britischer oder französischer Truppen wie zuletzt in der Elfenbeinküste sei dagegen problematisch – schließlich handle es sich um ehemalige Kolonialmächte. Weyel betont: "Bisher musste man immer nach einer gewissen Zeit feststellen: Ohne die UNO geht es nicht." Mit anderen Worten: Bis sich die UNO in Afrika auf regionale Einsatztruppen verlassen kann, wird noch Zeit vergehen. Doch ein Anfang ist gemacht.