Serbien Merkel
24. August 2011Für Alexander Fatic vom Zentrum für Sicherheitsstudien in Belgrad hatte Angela Merkel keine Überraschungen im Gepäck. Die Bundeskanzlerin habe vor allem ihre Reise nach Belgrad geschickt als Druckmittel eingesetzt, um das Land zu Kompromissen in der Kosovo-Frage zu bewegen.
Fatic meint, die EU dürfe nicht immer neue Bedingungen für die Aufnahme Serbiens in die Union stellen. Schließlich habe das Land erst kürzlich den früheren Armeechef der bosnischen Serben, Ex-General Ratko Mladic, an das UN-Kriegsverbrechertribunal in den Haag ausgeliefert und eine frühere Hauptforderung erfüllt. "Aber jetzt lautet die neueste Bedingung für den europäischen Integrationsprozess: Ihr müsst das Kosovo anerkennen", kritisiert Fatic.
Die Anerkennung des Kosovo - ein politischer Selbstmord?
Eine solche Anerkennung käme allerdings einem politischen Selbstmord der Regierenden in Belgrad gleich - davon ist Alexander Fatic überzeugt.
Schließlich stünden Wahlen bevor und weder die Verfassung noch die öffentliche Meinung würden eine solche Anerkennung erlauben. Kein Wunder, dass auch Serbiens Präsident Tadic die Anerkennung des Kosovo als inakzeptabel bezeichnet. Für Tadic gehe es nicht um die Frage: Kosovo oder EU. Der Präsident suche nach "pragmatischen Lösungen, die beiden Seiten erlauben, das Gesicht zu wahren", meint Fatic.
Belgrad am Zug
Die Politologin Jelena Milic vom Zentrum für Euro-atlantische Studien begrüßt dagegen Merkels klare Worte in Belgrad. Die Kanzlerin habe in Serbien unmissverständlich gesagt, was im künftigen Umgang mit dem Kosovo erwartet werde. Gleichzeitig habe Merkel aber auch deutlich gemacht, dass einseitige Handlungen der Kosovo-Regierung nicht hingenommen würden.
Merkels Forderungen an Belgrad seien nichts anderes als die Aufforderung, die 1993 von der EU in Kopenhagen festgelegten Kriterien zu erfüllen - dazu sei ohnehin jeder offizielle Beitrittskandidat verpflichtet. Die Politologin Milic sieht nun Serbien in der Pflicht. Jetzt solle sich die politische Führung des Landes entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wolle. Die EU habe bereits ihren guten Willen gezeigt, es gehe ihr um eine gerechte Lösung der Konflikte in der Region, unterstreicht Jelena Milic: "Nun sind die serbischen Politiker am Zug."
Autor: Ivica Petrovic
Redaktion: Bistra Seiler