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KriminalitätDeutschland

Gewalttat von Aschaffenburg alarmiert die deutsche Politik

Veröffentlicht 23. Januar 2025Zuletzt aktualisiert 23. Januar 2025

Nach dem von einem Afghanen verübten Verbrechen mit zwei Toten hat Bundeskanzler Scholz eine rasche Aufklärung und die "nötigen Konsequenzen" zugesichert. Tatsächlich gibt es bei diesem Fall einiges zu klären.

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Gedenken der Opfer am Tatort in dem Park in Aschaffenburg
Gedenken der Opfer am Tatort in dem Park in AschaffenburgBild: Heiko Becker/REUTERS

Nach der von einem Afghanen verübten Messerattacke mit zwei Toten und drei Verletzten im bayerischen Aschaffenburg dringen Politiker auf rasche Aufklärung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilte nach einem Treffen mit den Chefs des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei, mit, dass der Fall schnell aufgeklärt und die "nötigen Konsequenzen" gezogen würden.

Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser mit den Spitzen von Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Bundespolizei im Kanzleramt
Noch am Mittwochabend kamen Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser mit den Spitzen von Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Bundespolizei zusammenBild: Jesco Denzel/BPA/dpa/picture alliance

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz kündigte an, bei einer Regierungsübernahme ein "faktisches Einreiseverbot" für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente zu verhängen. Er werde gleich an seinem ersten Tag als Bundeskanzler eine entsprechende Anweisung an das Innenministerium übermitteln, sagte Merz in Berlin als Reaktion auf das Attentat in Aschaffenburg. Die Tat zeige "eine neue Qualität einer völlig enthemmten Brutalität in Deutschland". Merz wörtlich: "Das Maß ist endgültig voll."

Söder: "Die Migration überfordert unser Land"

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder forderte eine "Null Toleranz"-Politik bei der Migration. Er sei sich mit CDU-Chef Friedrich Merz einig, dass "das Grundprinzip null Toleranz und null Kompromiss die Leitlinie für die künftige Migrationspolitik ist", sagte Söder in München. "Die Migration überfordert unser Land." Das gelte nicht nur in finanzieller Hinsicht. Deutschland sei ein "humanes Land", betonte er mit Blick unter anderem auf die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. "Aber das kann am Ende nicht auf Kosten der eigenen Bevölkerung gehen." 

Der CSU-Chef bekräftigte zugleich die Wahlziele seiner Partei - wie zum Beispiel eine Reform des Asylrechts, die Aussetzung von subsidiärem Schutz und Familiennachzug, einen Visa-Stopp insbesondere für Länder wie Afghanistan sowie mehr Zurückweisungen an den Grenzen. Faktisch bedeute das "Aufnahmestopp und Grenzschließung für illegale Migration", sagte Söder. Wer ausreisepflichtig sei, müsse Deutschland verlassen - "freiwillig oder mit Druck".

Plötzlicher Angriff auf Kindergartengruppe

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck - Kanzlerkandidat der Grünen - mahnte, die zuständigen Behörden in Bayern müssten nun "unverzüglich aufklären". AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel schrieb bei X: "Meine Gedanken sind bei den Angehörigen & Verletzten. Remigration jetzt!" Der FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, forderte im Redaktionsnetzwerk Deutschland schnellstmöglich ein Treffen der Innenminister von Bund und Ländern. 

Rettungskräfte und Ermittler auf dem Weg zum Tatort in dem Park in Aschaffenburg
Rettungskräfte und Ermittler auf dem Weg zum Tatort in dem Park der nordbayerischen StadtBild: Ralf Hettler/dpa/picture alliance

Der mutmaßliche Täter hatte bei einem unvermittelten Angriff auf eine Kindergartengruppe in einem Park in Aschaffenburg einen zweijährigen Jungen marokkanischer Herkunft und einen 41 Jahre alten Mann getötet. Die Behörden gehen davon aus, dass dieser Mann zum Schutz der anderen Kinder mutig eingeschritten war, gegen den Täter vorging und dann von diesem selbst tödlich verletzt wurde. Verletzungen erlitten zudem ein zweijähriges Mädchen aus Syrien und ein 72-jähriger Mann. Eine 59 Jahre alte Erzieherin der Kinder brach sich bei ihrer Flucht einen Arm.

Mehrmals in Kliniken psychiatrisch behandelt

Der - vermutlich psychisch labile - Tatverdächtige wurde kurz nach der mit einem Küchenmesser verübten Gewalttat festgenommen. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 28-Jährigen mit afghanischer Staatsangehörigkeit. Er wird an diesem Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilte mit, der tatverdächtige Afghane sei Ende 2022 nach Deutschland eingereist und habe kurze Zeit später Asyl beantragt. Er sei in der Vergangenheit bereits dreimal wegen Gewalttaten aufgefallen und auch schon mehrmals zur psychiatrischen Behandlung in Kliniken eingewiesen, aber später immer wieder entlassen worden. Der Mann habe seit einiger Zeit unter gesetzlicher Betreuung gestanden.

Freiwillige Ausreise aus Deutschland angekündigt

Im vergangenen Dezember habe der Festgenommene den Behörden seine freiwillige Ausreise nach Afghanistan angekündigt, sein Asylverfahren sei daraufhin eingestellt worden, so der Minister weiter. Bei dem Tatverdächtigen habe es ein Dublin-Verfahren gegeben, das aber nicht zeitgerecht abgeschlossen werden konnte.

Das Dublin-Verfahren ist ein Bestandteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Eine der Regelungen besagt, dass in vielen Fällen der Staat für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig ist, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betreten hat. Laut unbestätigten Berichten war der Mann möglicherweise über Bulgarien in die Europäische Union gekommen. 

Laut Polizei und Staatsanwaltschaft gibt es bislang keine Hinweise auf eine radikale Gesinnung des Mannes. Die Frage nach seiner Schuldfähigkeit zur Tatzeit dürfte die Ermittler daher besonders beschäftigen. 

sti/se (afp, dpa, rtr)