Warum Glenn Close einen Oscar verdient
19. März 2022Die US-Amerikanerin Glenn Close gehört zu den wandlungsfähigsten Schauspielerinnen Hollywoods. Es scheint, als könne sie einfach alles spielen: skrupellose, bösartige und intrigante Frauen, vom Leben gezeichnete, verzweifelte, leidende Frauen, ja sogar in die Rolle eines Mannes kann Glenn Close glaubwürdig schlüpfen. Vor allem Anti-Heldinnen sind ihre große Stärke. Dennoch ist sie auf kein Genre festgelegt und steht auch mit mehr als 70 Jahren noch regelmäßig für große Produktionen vor der Kamera. Nebenbei versorgt sie ihre Fans auf Instagram mit Geschichten aus ihrem Alltag. Dort beschreibt sie sich als Schauspielerin, Produzentin und Autorin. Aber auch als einen lärmempfindlichen, introvertierten Menschen. Und als stolze Hundemama.
Glenn Close und die Oscars
Dass sie durchaus für einen Spaß zu haben ist, zeigte sie einem Millionenpublikum bei der Oscarverleihung 2021. Dort tanzte sie spontan zu dem Hip-Hop-Song "Da Butt" aus dem 1980er-Jahre-Film "School Daze" von Spike Lee und löste damit im Saal und im Netz Begeisterung aus.
Bei den Oscars ist Glenn Close seit Jahrzehnten ein gern gesehener Gast. Schon mit ihrem allerersten Kinofilm, der Roman-Adaption "Garp und wie er die Welt sah" (1982), schaffte sie es 1983 unter die Nominierten für die beste Nebenrolle - ging aber leer aus. Das wiederholte sich wieder und wieder. Heute gilt sie als "erfolgreichste" Oscar-Verliererin. Achtmal nominiert, keinmal gewonnen. Das hat noch keine geschafft. Doch Glenn Close scheint das einfach wegzulächeln. Kann sie auch, denn dass sie trotz Oscar-Schlappe eine unheimlich erfolgreiche, geschätzte und talentierte Schauspielerin ist, kann niemand abstreiten.
Offen für Blockbuster und Independent-Kino
Sie brilliert als Charakterdarstellerin, ist sich aber auch für Actionfilme nicht zu schade und bedient das Popcornkino ebenso wie das Independent-Kino. Hauptsache nicht langweilig. Das sei ihr bei der Rollenauswahl besonders wichtig, sagte sie einmal in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das war 2012 - in dem Jahr, als sie beim Filmfestival in San Sebastian bereits für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde.
Ihre beispiellose Karriere verdankt sie vor allem ihrem schauspielerischen Können und ihrer Willensstärke. So hatten sie Ihre Eltern in ihrem Berufswunsch nicht bestärkt. Sie hätten gesagt, die Schauspielerei sei nicht gut für den Charakter, erzählte Glenn Close 2019 in einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Ihr Vater habe sie noch zu College-Zeiten gedrängt, Kurzschrift zu lernen, damit sie zur Not Sekretärin werden könne.
Vom Provinztheater nach Hollywood
Doch Glenn Close, die am 19. März 1947 in Greenwich im US-Bundesstaat Connecticut in eine streng puritanische Familie hineingeboren wurde und bis zu ihrem Ausstieg mit Anfang 20 in einer sektenähnlichen Gemeinschaft lebte, ließ sich nicht beirren. Sie studierte Schauspiel und Anthropologie und machte mit 17 ihre ersten Schritte am Theater. bis sie schließlich mit Mitte 30 beim Film landete.
Glenn Close wird oft mit fiesen, skrupellosen weiblichen Figuren assoziiert. Dabei sei aus ihrer Sicht nur eine ihrer Rollen eine richtig böse Figur gewesen: Cruella de Vil aus "101 Dalmatiner". "Wie ihr Nachname bereits andeutet, ist sie der Teufel in Menschengestalt. Alle meine anderen Filmfiguren sind in meinen Augen nicht wirklich böse. Für mich haben sie durchaus auch etwas Humanes, Verletzliches, und ich kann sie in gewisser Weise verstehen: Es sind Frauen, die versuchen, sich in einer rauen Männerwelt zu behaupten. Wenn sie Männer wären, dann würde man sie bestimmt nicht als böse bezeichnen, sondern fände ihr Verhalten ganz normal", sagte sie 2012 der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Auch Glenn Close selbst musste sich in der Männerwelt beweisen. Vielleicht war es ihr Vorteil, dass sie erst mit Mitte 30 in Hollywood angekommen ist - ein Alter, in dem manch eine Karriere schon fast wieder endet. Denn noch immer haben es Schauspielerinnen, je älter sie werden, schwerer eine Rolle zu bekommen. Nicht so Glenn Close. Sie kann sich schon lange ihre Rollen aussuchen. Zuletzt stand sie für das Filmdrama "Schwanengesang" (2021) vor der Kamera.
Die Liebe zur Schauspielerei hat Glenn Close auch an ihre Tochter Annie Starke weitergeben. Heute stehen die beiden manchmal sogar gemeinsam vor der Kamera. Ihre drei Ehen gingen in die Brüche. Mittlerweile lebt Glenn Close allein mit ihrem geliebten Hund Pip. Abseits der Schauspielerei wirbt sie für die Demokratie und engagiert sich mit ihrer Stiftung für Menschen mit seelischen Leiden.