Wie Technologie Umweltschützern hilft
28. April 2015Auf einer kleinen, beschaulichen Insel mitten im Karibischen Meer, brauchten lokale Fischer keine Unmengen von Daten, um zu verstehen, dass die Fischbestände schrumpfen. Große Fische landeten seltener in den Netzen und einst lebendige Korallenriffe wimmelten nicht mehr vor Leben. Angesichts dieser Beobachtungen sahen sich Regierung und Bewohner der ehemaligen britischen Kolonie Barbuda gezwungen zu handeln.
Sie riefen das gemeinnützige Waitt Institut um Hilfe, das eine führende Rolle in der #link:http://waittinstitute.org/:Umweltinitiative "Blue Halo"# spielt. Unter der Leitung der Waitt-Geschäftsführerin Ayana Elizabeth Johnson arbeitet die Initiative unter dem Motto "Nutzt den Ozean, ohne ihn zu übernutzen".
"Früher nannten Menschen den Ozean ihren Supermarkt", erzählt Johnson Global Ideas.
Aber angesichts schwindender Fischbestände entschieden die Einwohner von Barbuda, Teil der Blue-Halo-Initiative zu werden und erarbeiteten einen Fischerei-Management-Plan. Um Überfischung zu vermeiden, sollen ökologisch sensible Bereiche - wie etwa Mangroven-Sümpfe und Korallenriffe - in Zukunft geschont werden. Dafür skizzierten sie umfangreiche Karten, die künftige Meeresschutzgebiete und Fangverbotszonen auswiesen.
Aufgrund der zentralen Rolle, die Fischerei im Leben der Inselbewohner spielt - zehn Prozent von ihnen verdienen ihren Lebensunterhalt damit - verstand Johnson, wie wichtig es war, die Grenzen auf der Karte richtig zu ziehen. Anstatt in formellen Treffen im Büro, besuchte sie die Fischer auf deren Terrain und stellte ihnen die Kartografie-Software #link:http://www.seasketch.org/home.html:SeaSketch# direkt vor Ort vor.
Software soll Arbeit erleichtern
Will McClintock, Meereswissenschaftler an der Santa Barbara Universität von Kalifornien, hat an der Entwicklung der Technologie mitgearbeitet. Er sagt, sie wurde so entworfen, dass jemand, der sie verwaltet, nur "ein Fünkchen Verständnis von Geoinformationssystemen (GIS) und ähnlicher Technologie braucht. Die Nutzer selbst müssen sich überhaupt nicht mit solchen Technologien auskennen."
Und genau so läuft es in vielen Bereichen des Umweltschutzes. Während digitale Geräte immer dynamischer werden, ist die Software, die auf ihnen läuft, immer ausgeklügelter: Jede neue Generation von Digitalkameras und Smartphones ist eleganter und leistungsstärker. Spezialisierte Software, die vor zehn Jahren nur auf ausladenden Desktop-Computern laufen konnte, funktioniert heute auf hauchdünnen Chips, ausgestattet mit ausreichend Rechenkapazität, um komplizierte Befehle auszuführen.
Lösungen liegen oft in einer Kombination aus handelsüblichen Geräten und speziell entwickelter Software. McClintock beispielsweise hat den Entwickler Chad Burt angeheuert, der verschiedene Software-Werkzeuge entwickeln soll, mit denen Regierungsbehörden Kaliforniens die umfangreiche Fischerei entlang der rund 1350 Küstenkilometer managen kann. SeaSketch und eCatch sind nur einige der Ergebnisse.
Und es gibt viele ähnliche Ansätze: Selbst Alltagsgegenstände sind heute teilweise mit Technik-Spielereien ausgestattet, die einen Bösewicht eines James-Bond-Films aus den 60er-Jahren vor Neid erblassen lassen würde.
Im Wald klug werden
Abseits von Spielereien und ganz pragmatisch, soll ein Projekt im Kongobecken zeigen, wie die Abholzung des Regenwaldes die indigene Bevölkerung beeinflusst. Eine Forschergruppe des University College London (UCL) hat mit den Indigenen zusammengearbeitet und #link:https://www.ucl.ac.uk/excites/software/sapelli:Sapelli# entwickelt. Damit können Baumbestände überwacht werden, wodurch die lokalen Gemeinden ihre Umwelt besser einschätzen und somit schützen können. Die Software läuft auf Android Smartphones, die weniger als 200 US-Dollar (190 Euro) kosten.
"Da wir bezahlbare Smartphones nutzen, können wir einer Gemeinde zehn davon zur Verfügung stellen", sagt Muki Haklay, Ko-Direktor eines Bürgerwissenschaftsprojektes an der UCL.
Ein Smartphone ist kein Wundermittel, räumt Haklay ein. Aber schon die Möglichkeit, diese Technologie zu nutzen, um Informationen über das Leben im Regenwald aufzuzeichnen und zu senden, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung: Abgeschieden lebende Gemeinden hätten so die Möglichkeit, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten.
Zunehmend neue Möglichkeiten
Umweltschützer haben auch den Himmel erobert: 2012 haben Lian Pin Koh und Serge Wich, Pioniere für Umwelt-Drohnen, ihre gemeinnützige Organisation #link:http://conservationdrones.org/:Conservation Drones (CD)# gegründet. Sie wollen ihr Wissen über kostengünstige unbemannte Flugobjekte mit anderen Forschern und Umweltschützern teilen.
Alles begann, als Koh Daten über Orang-Utan-Populationen in Indonesien sammeln wollte: Anstelle sich selbst durch den Urwald zu schlagen, schickte er eine Drohne in den Himmel.
Für weniger als 2000 US-Dollar bauten Koh und Wich eine Drohne. Dafür verwendeten sie Teile eines Hobby-Sets und Open-Source-Software, um die Drohne über Koordinaten steuern zu können. Nach einer erfolgreichen Testphase begann das Duo, die Drohne mit Kameras auszustatten, um hochauflösende Videos und Fotos aufzunehmen.
Ähnliche Apparate sind nun im Einsatz bei Umweltprojekten in Afrika, Asien und Lateinamerika. #link:http://www.conservation.org/Pages/default.aspx:Conservation International (CI)# kaufte zuletzt zwei der CD-Drohnen, um 12 Rangern bei der Suche nach illegalem Bergbau und Abholzung in einem 1,6 Millionen Hektar großen Naturschutzgebiet in Suriname zu helfen.
Auch wenn das Projekt noch am Anfang steht, ist CI-Sprecherin Mirjam Gommes davon überzeugt, dass es wirklich etwas bringen kann. "Der Himmel ist die Grenze, es gibt so viele Werkzeuge, die man an die Drohne koppeln kann - je nachdem, was man erreichen will", sagt sie.
Kurzum, ob es nun das Erfassen von Meeres-Ressourcen oder das Ausspionieren der Dschungel-Baumkronen ist - Technologie ist im Umweltschutz ein hoch qualifiziertes Instrument, um den Puls des Planeten zu messen.