Blauhelme im Dienst
1. Dezember 2008Seit kurzem stehen die Golanhöhen erneut im Fokus der Weltöffentlichkeit, nachdem Geheimverhandlungen zwischen Syrien und Israel unter türkischer Vermittlung bekannt wurden und Israels scheidender Regierungschef Ehud Olmert seine späte Bereitschaft zur Rückgabe des Golan an Syrien signalisierte.
Israel hatte im Sechstagekrieg das strategisch bedeutsame Bergplateau besetzt und 1981 annektiert. Seit über drei Jahrzehnten überwachen rund 1000 UN-Blauhelme den Waffenstillstand zwischen den beiden verfeindeten Staaten und garantieren so einen – wenn auch fragilen – Frieden in einer der konfliktreichsten Regionen der Welt.
Aufgaben der Friedensmission
Die Truppe der "United Nations Disengagement Observer Force" (UNDOF) umfasst insgesamt 1.043 Mann aus sechs verschiedenen Nationen, wobei das österreichische Bataillon (AUSBATT genannt) das größte Kontingent der Friedenstruppe stellt. Das Hauptquartier ist das Camp Faouar auf syrischem Territorium.
Die UN-Beobachtertruppe zur Truppenentflechtung zwischen Syrien und Israel auf dem Golan wurden im Mai 1974 auf Grundlage der Resolution 350 des Sicherheitsrats gegründet. Ihre Aufgabe besteht in der Beobachtung und Überwachung der Truppentrennungszone, die zwischen den von Israel annektierten Golanhöhen und einem Teil des syrischen Staatsgebiets verläuft – ein schmaler Puffer, der sich über eine Länge von 80 Kilometer vom Berg Hermon im Norden bis zum Yarmouk-Fluss im Süden erstreckt.
Überwachte Zonen
"Im Endeffekt ist die Aufgabe von UNDOF die Überwachung dieser Waffenstillstandsbestimmungen aus dem Jahre 1974", erklärt der Kommandeur der UN-Truppen, Generalmajor Wolfgang Jilke. "Wir haben eine 'area of separation', das ist eine schmale Zone zwischen den beiden Streitparteien, die gemäß dem Abkommen frei von jeglichen militärischen Truppen zu halten ist – lediglich UN-Truppen sind in diesem Raum erlaubt", sagt Jilke. "Auf beiden Seiten dieser 'area of separation' gibt es die so genannte 'area of limitation' – das sind Zonen von 10, 20 und 25 Kilometerbereichen, in denen verschiedene Obergrenzen von Waffen und Gerät und Mannstärke gültig sind, deren Einhaltung wir natürlich auch überprüfen."
Das tödliche Erbe des Krieges
Zudem sorgt ein Entminungsteam der UNDOF für die Sicherheit auf den Patrouillenwegen am Golan. Jahrzehnte nach dem Sechstagekrieg von 1967 und dem Yom-Kippur-Krieg von 1973 finden sich überall auf den damals von syrischen und israelischen Truppen umkämpften Golanhöhen die tödlichen Hinterlassenschaften des bis heute schwelenden arabisch-israelischen Konflikts: Anti-Personenminen und Panzerminen, Bomben sowie Granaten.
Manfred Völkl, Vize-Leutnant beim österreichischen Bundesheer und derzeit als stellvertretender Kommandant des so genannten "Explosive Ordnance Disposal"-Teams der österreichischen UN-Batallions auf den Golanhöhen, erklärt, weshalb seine Tätigkeit bei UNDOF nichts mit Minenräumen im klassischen Sinn zu tun hat. "Das gehört nicht zu unserem Auftrag, diese Aufgaben übernehmen nur zivile NGOs", so Völkl. "Für uns ist das Wichtigste das UN-Personal. Aber wenn zu uns Zivilpersonen kommen und uns melden, sie haben neben ihrem Haus oder im Garten Kampfmittel liegen, dann werden die von uns selbstverständlich auch geräumt." Bis heute kommen Zivilisten beim unbeabsichtigen Passieren der Waffenstillstandslinien in vermintem Gelände ums Leben.
Politischer Zankapfel Golan
Auch wenn der Konflikt zwischen Syrien und Israel um den politischen Zankapfel Golan bis heute anhält, so gelang zumindest die Friedenssicherung entlang der Waffenstillstandslinie zwischen den beiden Erzrivalen. Ein Erfolg, der letztlich auch dem Engagement UN-Friedenstruppe geschuldet ist.
Schusswechsel entlang der Grenze oder Anschläge, die womöglich schwerwiegende militärische Auseinandersetzungen beider Konfliktparteien nach sich gezogen hätten, blieben seit dem Beginn des UNDOF-Mandats bis dato aus.
Doch konnte die UN-Friedenstruppe freilich nicht verhindern, dass Krieg und Grenzziehung viele Familien auf dem Golan auseinander gerissen haben. In seinem Film "Die syrische Braut" zeigt der prominente israelische Filmregisseur Eran Riklis, wie die Tochter einer drusischen Familie auf dem vom Israel besetzten Teil des Golans einen entfernten syrischen Verwandten auf der anderen Seite des Grenzzauns heiratet – im Wissen, nie wieder ihre eigene Familie in Israel besuchen zu können.
Dialog über Grenzen hinweg
Dennoch sind heute zumindest Hochzeiten, Familienbegegnungen oder studentische Austauschprogramme im Niemandsland zwischen israelischem und syrischem Grenzposten möglich – dank der humanitären Hilfe des Roten Kreuzes in Kooperation mit den Vereinten Nationen.
"Das geht dann alles sehr geordnet über die Bühne", erklärt Generalmajor Wolfgang Jilke, "und zwar an Grenzposten, den 'gates', die jeweils unter israelischer, syrischer und unter UN-Kontrolle stehen. Das heißt, wer immer von einer Seite auf die andere oder retour will, kann das nur durch diese Schlupflöcher tun. Das Rote Kreuz organisiert diese ganzen humanitären Dinge und wir unterstützen organisatorisch beim Passieren von A nach B."
Auch habe man auf syrischer Seite Plattformen gebaut, auf denen die syrische Bevölkerung mit ihren Familienangehörigen auf der anderen Seite mittels Megaphon miteinander kommunizieren konnte. Doch war dieser so genannte "family shouting place" noch anders strukturiert war, fügt Jilke hinzu: "Es war damals noch möglich und die Israelis hatten das damals noch gestattet, dass die beiden Familienteile auf der syrischen Seite und der israelisch besetzten Seite bis unmittelbar an den Zaun gehen konnten und mehr oder minder durch den Zaun auch berühren konnten. Das ist von den Israelis jedoch eingestellt worden, weil sie Sicherheitsbedenken hatten."
Somit trägt die UNDOF-Truppe nicht nur zur Überwachung und Friedenssicherung bei, sondern auch zum Dialog über Grenzen hinweg – auch wenn es sich nur um schlichte Kommunikationsplattformen aus Beton und Metall handelt.