Wissensmacht Google
24. Oktober 2006Das Thema erweckt großes Interesse - das zeigte sich auch auf den Münchner Medientagen (18. bis 20. Oktober). Unter dem Titel: "Google & Co. - Wie viel Macht haben die Suchportale? Suchmaschinen zwischen wirtschaftlichen Interessen und medienpolitischer Verantwortung" organisierte die Deutsche Welle ein Panel auf dieser internationalen Medienkonferenz. Holger Hank, der Leiter der "Neuen Medien" der Deutschen Welle, moderierte die Podiumsdiskussion, an der Rachel Whetstone teilnahm, Kommunikations-Direktorin von Google Europa, sowie Jochen Wegner, Chefredakteur von Focus Online, die Journalistin Kathrin Passig und der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Peter Schaar. Sie diskutierten Zensurvorwürfe und Informationsmacht bei Suchmaschinen.
Aktuelles Thema
Information bedeutet Macht - jedenfalls in einer Informationsgesellschaft wie der heutigen. Aber wie viel Macht hat derjenige, der Information weder erstellt, noch kontrolliert, sondern sie nur weiterverteilt? Die Rede ist von Suchmaschinen, die Internet-Nutzern helfen, die schier unendliche und unübersichtliche Datenflut des Internets nach derjenigen Information zu durchforsten, die sie wirklich brauchen. Eine Suchmaschine ist so bekannt, dass jegliche Infosuche im Internet umgangssprachlich nach ihr benannt ist: Google.
Die beiden Gründer von Google, Larry Page und Sergey Brin, entwickelten als Studenten der Stanford University/Kalifornien einen neuen Ansatz für die Onlinesuche, der sich schnell unter Informationssuchenden auf der ganzen Welt durchsetzte. Die Firma existiert erst seit 1998 und ist inzwischen ein internationales Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern. Google ist ein einfach zu nutzender, kostenloser Suchdienst, der in kürzester Zeit mehr als acht Milliarden Webseiten durchsucht, um die gewünschte Information zu liefern. Google ist die weltweit größte Suchmaschine. In Deutschland wird sie von mehr als 90 Prozent der User genutzt. Da stellt sich die Frage, ob Google dadurch auch den Zugang zu Informationen kontrolliert - einmal als Anbieter, und dann als Firma, die viel über ihre Nutzer weiß. Ein Wissen, das für Regierungen oder Geheimdienste interessant sein könnte.
Google vereinfacht Recherche
Google war in der letzten Zeit in Kritik geraten, beispielsweise, weil sich das Unternehmen nicht gegen die Zensur seiner Website in China ausspricht, beziehungsweise mit den chinesischen Zensoren zusammenarbeitet, damit seine Website nicht gesperrt wird. Laut Whetstone stellt das Unternehmen jedoch auf den chinesischen Google-Seiten für die Nutzer eindeutig klar, wenn Information heruntergenommen wurde. Das geschieht jedoch nicht unbedingt, wenn Informationen von der deutschen Google-Website - aus welchen Gründen auch immer - gelöscht werden.
Für Journalisten hat sich der Standard der Recherche durch Internet-Suchmaschinen wesentlich geändert, meint Wegner. Schnelle Recherche ist einfacher geworden. Auf der anderen Seite hinterlässt jeder Journalist dabei "Spuren" im Internet, was wiederum seine Recherche auch für Unbefugte nachvollziehbar macht. Das kritisiert auch Datenschützer Schaar. Er gibt zu bedenken, dass für Suchmaschinen momentan nicht einmal geklärt sei, ob das Rundfunkrecht, Presserecht oder Telekommunikationsrecht greifen soll. Aber schon jetzt sei klar, dass die Privatsphäre der Google-Nutzer nicht richtig geschützt sei. Durch die Abfragen ließen sich, so Schaar, interessante Nutzerprofile erstellen, die in den USA - beispielsweise im Rahmen des Patriot Act - von staatlichen Stellen abgefragt werden könnten, ohne dass Google sich weigern oder auch nur den Betroffenen informieren dürfe.
Kritische Beobachtung
"Was sind wir bereit aufzugeben, um diese schrankenlose Verfügbarkeit von Informationen zu kriegen?", fragt Passig, nach eigener Aussage fanatische Google-Nutzerin. Die Antwort lautet wohl für jeden Nutzer anders. Entscheidend ist, dass zumindest in Deutschland der Gesetzgeber für den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Internet-Nutzer sorgen will, nicht nur in Bezug auf Suchmaschinen. Bundesdatenschützer Schaar fasst es nüchtern zusammen: "Google hat Macht, wie andere große Unternehmen auch. Und deswegen beobachten wir es kritisch."