Grönland-Eis schmilzt schneller als gedacht
11. Dezember 2019Allein das Schmelzwasser aus Grönland hat seit 1992 die Meeresspiegel weltweit um 10,6 Millimeter steigen lassen. So haben es Wissenschaftler in einer Studie berechnet, die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht wurde. Der Eisschild sei seitdem um 3,8 Billionen Tonnen Eis geschrumpft. Die Schmelze habe gegenüber weiter zurückliegenden Jahrzehnten stark an Fahrt aufgenommen.
In den vergangenen Jahren sind durchschnittlich je 238 Milliarden Tonnen Eis geschmolzen - sieben Mal mehr als Anfang der 1990er-Jahre. Das Jahr 2019, das neue Höchststände setzen könnte, ist noch nicht mit einberechnet.
Pessimistisches Szenario erwartet
Die globale Erwärmung, die maßgeblich von den großen CO2-Emissionen aus menschlicher Produktion angefeuert wird, führt zu einem gefährlichen Anstieg der Weltmeere. Der Weltklimarat IPCC hatte 2013 prognostiziert, dass bei anhaltender Erderwärmung die Pegel allein in diesem Jahrhundert um 60 Zentimeter ansteigen. 360 Millionen Menschen, die in Küstennähe leben, wären demnach davon bedroht.
Bei den Werten handelt es sich um eine mittlere Prognose, während das pessimistische Szenario des IPCC von zusätzlich sieben Zentimetern, also insgesamt 67 Zentimetern Anstieg, bis 2100 ausging. Die nun veröffentlichte Studie legt nahe, dass die Eisverluste in Grönland mit diesem schlimmstmöglichen Szenario übereinstimmen. Allein aus Grönland flössen dann weltweit 20 Zentimeter obendrauf. "Nach aktuellen Trends wird das Schmelzen des grönländischen Eises allein dazu führen, dass bis zum Ende des Jahrhunderts jedes Jahr 100 Millionen Menschen von Überschwemmungen betroffen sind", sagte einer der Autoren der Studie, Andrew Shepherd von der britischen Universität Leeds. Als Faustregel könne man ansetzen, dass jeder zusätzliche Zentimeter weitere sechs Millionen Menschen bedroht.
"Bislang detailliertestes Bild"
Für die Studie hatten 96 Wissenschaftler und 50 internationale Organisationen insgesamt 26 verschiedene Messreihen von Satelliten ausgewertet. Dabei verglichen sie die Höhe der Gletscher, die Fließgeschwindigkeit des Schmelzwassers und die Schwerkraft. Nach eigenen Angaben handelt es sich um das bislang detaillierteste Bild des Eisverlusts auf der Insel Grönland, die im Nordpolarmeer liegt und politisch zu Dänemark gehört.
ehl/rb (afp, dpa)