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Politik

Etwas Trauer und viel Selbstvergewisserung

Nina Werkhäuser
25. November 2017

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen ist der Traum von einer Regierungsbeteiligung für die Grünen ausgeträumt. Auf einem Parteitag in Berlin machten sie ihrem Frust Luft. Und lobten sich selbst.

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Parteitag Die Grünen Cem Özdemir und Katrin Goering-Eckardt
Bild: Getty Images/A. Berry

Der Buhmann des Tages war schnell ausgemacht: Niemand wurde von den Delegierten so geschmäht wie FDP-Chef Christian Lindner, dem die Grünen auf ihrem Parteitag das Scheitern der Sondierungsgespräche anlasteten. "Christian Lindner ging es um Christian Lindner", er habe eine "Ego-Show" geboten, kritisierte Katrin Göring-Eckardt, die zusammen mit Parteichef Cem Özdemir (beide im Artikelbild) das Verhandlungsteam der Grünen geleitet hatte. "Lindner fehlt es an der nötigen Demut für die Aufgaben, die manchmal größer sind als man selber", betonte Özdemir. Der Ausstieg der FDP aus den Verhandlungen sei nicht inhaltlich begründet, sondern ein taktisches Manöver gewesen.

"Das hat mich verstört"

Winfried Kretschmann setzte nach: "Dass ausgerechnet die Partei des politischen Liberalismus die Verhandlungen abgebrochen hat, hat mich besonders verstört", erklärte der grüne Ministerpräsident in Baden-Württemberg, der dem Sondierungsteam der Grünen ebenfalls angehört hatte. Panisch weggelaufen sei die FDP, nachdem sie zuvor versucht habe, die CDU rechts zu überholen, ätzte Fraktionschef Anton Hofreiter. Die traditionelle politische Feindschaft zwischen Grünen und FDP, das wurde auf dem Berliner Parteitag klar, hat durch das Scheitern der Jamaika-Gespräche neue Nahrung gefunden.

"Gestärkt nach innen und außen"

Eigentlich hatten die Grünen ihren eintägigen Parteitag einberufen, um die Weichen für ihre Beteiligung an der ersten schwarz-gelb-grünen Bundesregierung zu stellen - sie wollten die Basis über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden lassen. Dass dieses Experiment gescheitert ist, bedauerte die Mehrheit der Delegierten. Zu gerne hätten sie ihre Partei im Bund wieder an der Regierung gesehen, nun drohen weitere vier Jahre in der Opposition. Es sei aber falsch, ein Jamaika-Bündnis im Nachhinein zu verklären, mahnten einige Redner. Noch sei gar nicht sicher gewesen, dass die Grünen ihre Kernforderungen in einer Regierung mit CDU/CSU und FDP tatsächlich hätten durchsetzen können.  

Parteitag der Grünen
Eigentlich wollten die Grünen auf ihrem Parteitag über ihre Beteiligung an der ersten schwarz-gelb-grünen Bundesregierung abstimmenBild: AFP/Getty Images/J. MacDougall

Insgesamt aber hielt sich die Trauer in Grenzen: Auch die gescheiterten Gespräche, so der Tenor, hätten den Grünen einiges gebracht: Ein neues Gefühl der Einigkeit und Stärke, das die oft so zerstrittene Partei auf dem Parteitag geradezu euphorisch beschwor. In der Vergangenheit hatten immer wieder Flügelkämpfe die Grünen geschwächt, nun wurde das 14-köpfige Verhandlungsteam für seine Geschlossenheit bejubelt. Als positiv verbuchten die Grünen auch, dass ihre Herzensthemen wie der Klimaschutz und der Kohleausstieg dank der Sondierungsgespräche auf der politischen Agenda wieder nach oben geschossen seien. 

"Nach vorne schauen"

Nachdem die SPD signalisiert hat, dass sie nun doch zu Gesprächen über eine große Koalition bereit ist, rechnen die Grünen nicht mehr ernsthaft mit einer Regierungsbeteiligung, etwa in einer Minderheitsregierung mit CDU und CSU.

Katrin Göring-Eckardt im Interview

Dennoch halten sich die Grünen mögliche Optionen offen und bleiben gesprächsbereit: "Wir werden weiterhin unseren Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen, wo wir gefragt werden", erklärte Parteichef Cem Özdemir.

Aber auch in der Opposition komme es auf die Grünen an, denn im Fall einer Neuauflage der großen Koalition werde es im Bundestag "einen Überbietungswettbewerb des Populismus von links und rechts" geben. In dieser Situation beanspruchen die Grünen als kleinste Partei im Bundestag "die politische Oppositionsführerschaft in diesem Land", wie Jürgen Trittin betonte. Personell will die Partei dafür auf einem weiteren Parteitag in Januar die Weichen stellen und die Parteispitze neu wählen. Der langjährige Vorsitzende Cem Özdemir will dann nicht mehr antreten.