Stillstand in Cúcuta
6. Februar 2019José Quintero hat seinen kleinen Stand gleich hinter dem Grenzübergang zwischen Venezuela und Kolumbien aufgebaut. Ein Stück Stoff dient als Schattenspender in der tropischen Sonne. Er gehört zu den tausenden Venezolanern, die nahezu täglich die inzwischen weltberühmte Grenzbrücke Simon Bolivar überqueren, um in Cúcuta auf der anderen Seite zu arbeiten. Für kolumbianische Pesos, die angesichts der Hyperinflation in Venezuela auch in Nachbarland gern gesehen werden. "Ich würde mich freuen, wenn nicht nur Kolumbien, sondern auch andere Länder Venezuela helfen würden", sagt Quintero gegenüber der DW. "Diese Hilfe ist wegen der schlechten Regierungsarbeit von Präsident Nicolas Maduro dringend notwendig."
Gesperrter Grenzübergang
Die von der venezolanischen Opposition angekündigten humanitären Hilfslieferungen sind in Cúcuta das Gesprächsthema Nummer eins. Der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó hatte diese Hilfslieferungen im Rahmen seines Rettungsplans "Plan Pais" angekündigt und zur Priorität erklärt. Entsprechend groß ist das Medieninteresse in Cúcuta. Nationale und internationale TV-Teams bauen ihre Kameras auf, doch noch rollen keine LKW mit Hilfspaketen über die Brücke. Im Gegenteil: Kolumbiens Migrationsbehörde veröffentlichte am Dienstag Bilder, die zeigen, wie ein Container und ein Tankwagen die Fahrspuren blockieren. Der Grenzübergang wurde für über 40 Millionen Dollar im Jahr 2016 fertiggestellt. Die diplomatische Dauerkrise zwischen beiden Ländern verhinderte jedoch bislang die Inbetriebnahme.
Venezuelas sozialistischer Präsident Nicolas Maduro lehnt die angekündigte Hilfe ab. "Wir sind keine Bettler", sagte Maduro. Stattdessen kritisierte er die USA scharf. Wenn die Vereinigten Staaten seinem Land helfen wollten, sollten diese die Sanktionen und die Finanzblockaden aufheben.
Die an der Aktion beteiligten Nichtregierungsorganisationen, darunter das Internationale Rote Kreuz, sind inzwischen zurückhaltender und wollen die Verteilung der Hilfsgüter nur übernehmen, wenn es dazu eine Übereinkunft der zerstrittenen Lager gibt. Die venezolanische Bischofskonferenz hat die Regierung aufgefordert, die notwendigen Genehmigungen auszustellen. Die venezolanische Caritas, die in der Vergangenheit über eine dramatische Unterernährung venezolanischer Kindern berichtete, soll neben dem Roten Kreuz und weiteren NGO´s die Verteilung der Hilfe übernehmen, wenn sie denn überhaupt in Venezuela ankommt.
Guaidó trifft sich mit Lokalpolitikern
Danach sieht es im Moment nicht aus. Interimspräsident Juan Guaido, der wegen des umstrittenen Wahlsieges 2018 wie die gesamte Opposition Maduros im Januar begonnene zweite Amtszeit nicht anerkennt, versucht die Hilfe zu koordinieren und suchte das Gespräch mit lokalen Bürgermeistern. Doch Guaidó, von den USA sowie zahlreichen lateinamerikanischen und europäischen Ländern - darunter auch Deutschland - anerkannt, braucht für die Umsetzung seines Planes die Unterstützung der Sicherheitskräfte. Die bleibt bislang aber aus. Die von venezolanischen Soldaten gesperrte Tienditas-Brücke spricht jedenfalls dafür, dass Maduros langer Arm bislang immer noch bis ins Grenzgebiet nach Kolumbien reicht.
Die Berichterstattung über mögliche humanitäre Hilfe sorgt bei zahlreichen Venezolanern Hoffnungen. Einige versammelten sich den Tag über am abgesperrten Grenzübergang "Tienditas". Das veranlasste Christian Krüger, den Chef der kolumbianischen Migrationsbehörde, darauf hinzuweisen, dass die Hilfe nicht auf kolumbianischem Gebiet, sondern nur in Venezuela verteilt wird. Offenbar befürchtet die Behörde bei einer Verteilung direkt in Cúcuta einen Ansturm hilfsbedürftiger Menschen aus Venezuela.