Grenzzaun-Debatte spaltet die Union
19. Oktober 2015Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, will eine Gruppe um den Vorsitzenden des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten, Merkel per Beschluss zur Abkehr von der Politik der offenen Grenzen zwingen. Sie bereiteten einen Antrag zur Schließung der Grenzen vor, heißt es dort. Dabei dürfe auch die "Prüfung einer Grenzbefestigung kein Tabu sein", sagte von Stetten der Zeitung. Der Antrag soll demnach in zwei Wochen in der Fraktionssitzung diskutiert werden.
Streit um Politik der "offenen Grenzen"
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), verlangte in der Zeitung ein schnelleres Handeln. "Bei bis zu 10.000 Flüchtlingen pro Tag haben wir nicht die Zeit, bis zur nächsten Fraktionssitzung zu warten", sagte er. Dabei hoffe er, "dass die Bundeskanzlerin vorher einsieht, dass die Politik der offenen Grenzen nicht fortgeführt werden kann". Dass die Grenzen angeblich gar nicht kontrolliert werden könnten, sei "ein Totschlagargument", sagte Mayer. " Dem Mittelstandskreis gehören mit 188 über die Hälfte der insgesamt 310 Unionsabgeordneten im Bundestag an.
Regierungssprecher Steffen Seibert wies Forderungen nach dem Bau eines Grenzzauns dagegen zurück. Ein Zaun könne das Einreisen von Flüchtlingen nach Deutschland nicht stoppen, sagte Seibert. Bereits zuvor hatte schon Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Forderungen nach dem Bau eines Zauns in einem Fernsehinterview zurückgewiesen.
Europäische Solidarität statt Zäune
Auch andere Unionspolitiker sprachen sich strikt gegen mögliche Grenzbefestigungen aus. So sagte der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), dem Radiosender WDR5, er halte davon wenig. Statt eines Zauns brauche es eine "klare politische Entscheidung", wie Deutschland künftig mit den ankommenden Flüchtlingen umgehen wolle, sagte Herrmann.
Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann (CDU), sagte in einem Interview der Zeitung "Rheinischen Post", Grenzzäune passten nicht in die heutige Zeit. Deutschland müsse vielmehr darauf dringen, dass andere EU-Länder ihre Verantwortung übernähmen. Außerdem müssten die Fluchtursachen bekämpft werden. Laumann wies auch Forderungen nach einer Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme zurück. "Unser Asylrecht kennt keine Obergrenze", sagte Laumann.
'Nein' zum Grenzzaun, 'ja' zur "Transitzone"?
Die Diskussion um einen Grenzzaun an der deutschen Grenze zu Österreich hatte am Wochenende der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, ist Rollen gebracht. Er hatte gesagt, die derzeit debattierten Transitzonen an den deutschen Grenzen seien nur mit einem Grenzzaun umsetzbar. Für solche Auffangbereiche für Flüchtlinge direkt an der Grenze macht sich vor allem die CSU stark. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für Transitzentren aus. Die von mehreren Unions-Abgeordneten geforderte Zurückweisung der Flüchtlinge aus Österreich lehnte sie aber entschieden ab. Der Koalitionspartner SPD hingegen lehnt die Einrichtung von Auffang- oder Transitzonen an den Grenzen ab.
cw/cr (rtr, afp, dpa)