Griechen strafen Regierung ab
6. Mai 2012Bis 18.00 Uhr Ortszeit waren knapp zehn Millionen Bürger aufgefordert, darüber zu entscheiden, ob das stark verschuldete Euro-Land sein umstrittenes Sparprogramm fortsetzt und als verlässlicher Partner im Verbund der Euro-Länder verbleibt oder nicht. Erste Prognosen auf Grundlage von Wählerbefragungen sehen herbe Verluste für das Regierungslager. Die konservative Partei Nea Dimokratia ist demnach stärkste Kraft geworden. Die Partei von Ex-Außenminister Antonis Samaras kam am Sonntag auf 17 bis 20 Prozent der Stimmen. Die sozialistische Pasok-Partei kam mit 14 bis 17 Prozent nur auf den dritten Platz hinter der linksradikalen Partei Syriza. Nach der Parlamentswahl in Griechenland fehlt eine eindeutige Mehrheit für eine Fortsetzung des drastischen Sparkurses im Euro-Krisenland.
Erste Hochrechnungen werden für 19.30 Uhr (MESZ) erwartet, das Endergebnis wird wohl erst am frühen Montagmorgen bekanntgegeben werden.
Verluste für große Parteien vorausgesagt
Die beiden Traditionsparteien Nea Dimokratia und Pasok , die seit dem Ende der Militärdiktatur im Jahre 1974 abwechselnd die Regierung stellten und seit November beide dem Übergangskabinett unter dem Finanzexperten und früheren Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Lucas Papademos, angehören, würden damit für die rigose Sparpolitik abgestraft, die dem Land von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds auferlegt wurde.
Viele Wähler haben aber auch genug von der Vetternwirtschaft und der Korruption der letzten Jahrzehnte, die das Land an den Abgrund geführt haben.
Parteienlandschaft droht Zersplitterung
Insgesamt traten 32 Parteien an, von denen bis zu zehn eine Chance zum Einzug in das Parlament eingeräumt wurde. Vor allem extremistische Bündnisse am rechten und linken Rand haben stark an Zulauf gewonnen. Sie fordern ein Ende des Reformprogrammes, das durch immer neue Sparrunden Millionen Griechen harte Opfer abverlangt. Erstmals könnte auch die Neonazi-Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) den Sprung über die in Griechenland geltende Drei-Prozent-Hürde schaffen. Chancen werden auch kleineren Linksparteien wie der radikalen Syriza eingeräumt.
Verbleib in der Euro-Zone steht auf dem Spiel
Die Neuwahlen sind die ersten seit dem Ausbruch der schweren Finanzkrise. Sie waren nötig geworden, weil der sozialdemokratische Ministerpräsident Giorgios Papandreou Ende 2011 zurückgetreten war. Seitdem hatte der Papademos als Interims-Ministerpräsident das Land regiert. Papdemos hatte aus Pasok und Nea Dimokratia ein Übergangskabinett gebildet. Dieses hatte den Schuldenerlass ausgehandelt und ein zweites internationales Rettungspaket für Griechenland gesichert.
Für die Verhandlungen mit den Geldgebern benötigt Griechenland dringend eine stabile Regierung. Schon im Juni muss das neue Parlament in Athen über weiter Einsparungen in Höhe von knapp 11,5 Milliarden Euro entscheiden. Für die europäischen Geldgeber ist dies Voraussetzung für weitere Untertützung und den Verbleib Griechelands in der Euro-Zone.
gmf/sti/haz/qu (afp, reuters, dpa, dapd)