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Gewerkschaften setzen Tsipras unter Druck

15. Juli 2015

Erstmals seit dem Antritt der Tsipras-Regierung haben aus Protest gegen die harten Sparauflagen viele Menschen die Arbeit niedergelegt. Auch im Kabinett knirscht es gewaltig. Eine Ministerin warf schon das Handtuch.

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Bei Protestkundgebungen in Athen machten viele ihrem Unmut Luft (Foto: rtr)
Bei Protestkundgebungen in Athen machten viele ihrem Unmut LuftBild: Reuters/A. Konstantinidis

Die stellvertretende griechische Finanzministerin Nadja Valavani ist zurückgetreten. Zur Begründung verwies die Politikerin der linken Regierungspartei Syriza darauf, sie könne das von den internationalen Gläubigern geforderte Sparprogramm und die damit verbundenen harten Einschnitte nicht unterstützen. "Alexis, ich kann nicht mehr weitermachen", schrieb Valavani in einem Brief an Ministerpräsident Alexis Tsipras.

"Sparauflagen zerstören das Land"

Energieminister Panagiotis Lafazanis nannte das vereinbarte Konzept für sein Land zerstörerisch. Die Griechen hätten Syriza nicht gewählt, damit diese Partei ein neues Sparprogramm durchsetze, sagte der Anführer der Linken Plattform der Regierungspartei. Er will im Parlament gegen das Programm stimmen wie auch Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou. Das Parlament dürfe der Erpressung der Gläubiger nicht nachgeben und nicht aufgefordert werden, unter solch engen Zeitvorgaben darüber zu entscheiden, erklärte die Syriza-Abgeordnete.

Vize-Finanzministerin Nadja Valavani (Foto: Imago)
Sie will die harten Spar- und Reformauflagen nicht mehr verantworten und trat zurück: Vize-Finanzministerin ValavaniBild: Imago/W. Aswestopoulos

Abstimmung in der Nacht zum Donnerstag erwartet

Am Mittwochabend debattiert das griechische Parlament über erste Teile der Gläubiger-Auflagen. Die Abstimmung wird für die Nacht zum Donnerstag erwartet.

Es wird mit vielen Abweichlern unter den Abgeordneten von Tsipras' Regierungspartei Syriza gerechnet. Dennoch dürfte der Ministerpräsident das Programm mit den Stimmen der Opposition durchbringen. Bei den Gesetzentwürfen geht es unter anderem um weitere Kürzungsmaßnahmen, die Anhebung des Rentenalters, Steuererhöhungen und Privatisierungen.

Griechen streiken wieder

Auch unter der Bevölkerung herrscht Wut über das mit strikten Auflagen verknüpfte Hilfsprogramm der Euroländer. Zahllose Mitglieder der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst traten in den Streik. Betroffen sind auch die Ministerien. Die U-Bahnen in der Hauptstadt und der landesweite Bahnverkehr ruhen ebenfalls. Aufgebrache Griechen trugen bei Kundgebungen in Athen Spruchbänder wie "Kippt das Rettungspaket" oder "Nein zur Politik von EU, EZB und IWF".

Auch die Apotheker folgten dem Aufruf ihrer Gewerkschaft und halten die Geschäfte für 24 Stunden geschlossen. Sie protestieren damit gegen die ebenfalls am Montag getroffene Vereinbarung, wonach im Zuge einer Marktliberalisierung rezeptfreie Medikamente künftig in Supermärkten verkauft werden dürfen.

Geschlossene Apotheke in Athen (Foto: AFP)
Auch die Apotheker machten ihre Geschäfte nicht aufBild: Getty Images/AFP/L. Gouliamaki

Der von der Gewerkschaft Adedy organisierte Ausstand ist der erste große Streik unter der seit Januar amtierenden Syriza-Allianz von Regierungschef Tsipras und ihrem Juniorpartner, der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (Anel).

Von 2010 bis 2014 hatte Adedy aus Protest gegen die mit den Gläubigern vereinbarten ersten beiden Spar-und Reformpakete wiederholt Streiks und Demonstrationen organisiert.

Banken bleiben geschlossen

Nur wenn das griechische Parlament den Auflagen zustimmt hat und auch in mehreren Euro-Staaten grünes Licht von den Parlamenten gegeben wurde, sollen die konkreten Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland starten.

Wie das Land bis dahin über Wasser gehalten wird, ist noch nicht entschieden. Griechenland ist akut von der Pleite bedroht. Die Banken sind seit zweieinhalb Wochen geschlossen und sollen es vorerst auch bleiben, wie das Finanzministerium mitteilte.

se/wl (afp, ape, dpa)