Griechenland-Drama wieder aufgeschoben
20. Februar 2017Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat schon seit Tagen versucht, den Topf vom Feuer zu nehmen und das Gerede von einer erneuten "Grexit"-Gefahr für Unsinn erklärt. Er gehe davon aus, "dass die Institutionen eine gemeinsame Position haben (…), damit es zu einem Ergebnis kommt", sagte er in Brüssel. Was Schäuble da etwas kryptisch anspricht ist der seit Wochen wieder aufgeflammte Streit zwischen Internationalem Währungsfonds (IWF) und den europäischen Gläubigern über die Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Schon nach ein paar Stunden war das Drama wieder einmal abgewendet und Brüssel zeigte sich einig.
Mehr Reformen
Die Lösung des Dilemmas sieht zunächst einfach aus: Vertreter der vier Institutionen - drei von der EU und IWF - fahren schon in der nächsten Woche wieder nach Griechenland, um dort mit der Regierung '"ein weiteres Paket von tiefgreifenden Reformen" zu vereinbaren, wie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erklärt. Dabei solle es um die Arbeitsmarkt, Steuer- und Rentenreformen aus dem Rettungsprogramm gehen.
"Griechenland soll vom Sparen umsteuern zu strukturellen Reformen", fügt Dijsselbloem zur Erklärung an. Und damit unterläuft er gleich die trotzige Erklärung der griechischen Seite, die nach dem Treffen schwor, es werde "nicht einen Euro mehr an Einsparungen" geben. Dazu erklärte die Eurogruppe, dass etwa eine Umstrukturierung des Arbeitsmarktes nach europäischen Standards zu mehr Beschäftigung führen und damit auch finanzieller Spielraum für Athen entstehen könne.
Außerdem verweisen die Finanzminister einmal mehr auf Geld und Expertise der EU-Kommission, die bereit sei, Athen bei einem aktiven Arbeitsmarkt Programm zu helfen. Damit ließe sich kurzfristig die Arbeitslosigkeit senken und natürlich die Stimmung in der Bevölkerung verbessern. Das ist alles alter Wein in neuen Schläuchen - aber offenbar muss es in Athen immer wieder zu einer dramatischen Zuspitzung kommen, bis Zusagen aus dem Programm umgesetzt werden.
Eine win-win Strategie
Im Prinzip könnte man so mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Man kann dem IWF die Möglichkeit geben, an eine nachhaltig verbesserte Wirtschaftslage in Griechenland zu glauben. Das hätte Einfluss auf die umstrittene Schuldentragfähigkeit. Man nimmt Alexis Tsipras das Totschlagargument, die "europäisch verordnete Sparpolitik" schnüre dem Land den Atem ab.
Die nächste Tranche des Milliardenprogrammes könnte ausgezahlt und ein politisches Desaster namens "Grexit" verhindert werden. Und schließlich kann das Griechen-Drama aus den Wahlkämpfen in den Niederlanden und in Frankreich heraus gehalten werden, wenn das Problem vorläufig wieder auf Expertenebene verhandelt wird. Vor allem aber wird die Debatte über einen Schuldenerlass in die Zukunft verschoben. Es ist eine win-win Strategie, wenn sie klappt und Tsipras endlich mehr von den versprochenen Reformen liefert.
Das Timing ist wichtig
"Es gibt kein Liquiditätsproblem in Griechenland", sagt Jeroen Dijsselbloem. Man habe ausreichend Zeit, bis im Juli eine Zahlung von rund sieben Milliarden Euro in Athen fällig wird. Vielleicht könne man die Gespräche, das Reformpaket und die zweite Überprüfung bis zum Eurogruppen-Treffen Ende April abschließen. Selbst wenn das nicht gelingt, sei immer noch genug Zeit bis zum Sommer.
Zwar spricht auch der Eurogruppen-Chef von der Notwendigkeit, dass wieder Vertrauen in die griechische Wirtschaft entstehen müsse. "Ziel ist, dass Athen so bald wie möglich an den Finanzmarkt zurückkehren kann", fügt EU-Währungskommissar Pierre Moscovici hinzu. Aber alle wissen, dass Griechenland so weit noch nicht ist.
Stattdessen wurde wieder einmal enormer Druck aufgebaut, um Bewegung im schleppenden griechischen Reformprozess zu erzeugen. Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beharrt darauf, dass der IWF sich am weiteren Griechenland-Programm beteiligt - vor allem auch, damit dieser Druck aufrecht erhalten bleibt.