Griechenland: Touristen bald wieder willkommen
23. April 2021Nach sechs langen Monaten Lockdown ist es endlich so weit: Griechenland öffnet sich mit einem Drei-Stufen-Plan, den Premierminister Kyriakos Mitsotakis am 21.04.2021 in einer Fernsehansprache präsentierte. Ab 3. Mai öffnet demnach die Außengastronomie, die Schulen ab 10. Mai. Und ab 15. Mai sind Reisende, die einen vollen Corona-Impfschutz oder einen negativen Test vorweisen können, wieder jederzeit ohne Quarantäne-Pflicht willkommen.
Kurz vor Mitsotakis' Fernsehansprache erfuhr die griechische Öffentlichkeit noch die aktuellen, durchaus besorgniserregenden COVID-19-Zahlen: 3015 neue bestätigte Infektionen, 831 Patienten, die künstlich beatmet werden müssen, 86 neue Todesfälle. Seit Beginn der Epidemie sind in Griechenland 9713 Menschen an den Folgen der Virus-Erkrankung gestorben.
Als die Regierung in Athen Anfang November den Lockdown beschloss - Rausgehen nur aus bestimmten Gründen und mit Erlaubnis per SMS, nächtliche Ausgangssperre, strikte Reisebeschränkungen, Schulunterricht via Internet und viele mehr - lag die Zahl der täglichen Infektionen unter 2500 und die der Patienten auf den Intensivstationen war nur halb so hoch. Die Frage, warum das Land ausgerechnet jetzt öffnet, liegt also auf der Hand. Aber niemand will sie stellen - auch nicht die Opposition, die die Regierung sonst ständig des völligen Versagens in der Pandemiebekämpfung beschuldigt.
Der Grund: Nach sechs Monaten Lockdown ist die Geduld der Menschen erschöpft und sind die Existenzängste der seit sechs Monaten Nicht-Arbeitenden in mehreren wichtigen Branchen enorm. Deshalb werden die Außenbereiche von Cafés, Kneipen und Restaurants jetzt wieder geöffnet. Und der Tourismus, die wichtigste Einkommensquelle des Landes, kann wieder anlaufen. Mit der Hilfe von drei wichtigen Verbündeten: Impfungen, Selbsttests und gutem Wetter, wie Mitsotakis am Mittwochabend im Fernsehen sagte.
(Fast) Allein auf der Akropolis
Potenzielle Griechenland-Touristen sollten sich jetzt beeilen: Diejenigen, die sich im Mai für das südosteuropäische Land entscheiden, haben die einmalige Chance, ein paar Sehenswürdigkeiten einmal ganz anders zu erleben. Die Akropolis in Athen etwa hat normalerweise um diese Jahreszeit über 15.000 Besucher pro Tag; zurzeit ist sie mit weniger als 1000 Besuchern täglich geradezu paradiesisch leer. Kein Sterblicher - mit Ausnahme einiger Staatsoberhäupter, für deren Besuche der heilige Felsen von Zeit zu Zeit für die Öffentlichkeit geschlossen wird - hat die Akropolis jemals so gesehen, seit es Massentourismus gibt. Ähnliches gilt für Delphi und Knossos, für Olympia und Epidauros.
Weniger paradiesisch war das Experiment, das Griechenlands Touristikbranche auf Rhodos an 188 niederländischen Touristen durchführte: Vom 14. bis zum 18. April wurden sie in einem Hotel eingeschlossen, mit Kontakt zwar untereinander - aber ohne Zugang zu anderen Menschen auf der Insel. Immerhin stand nach Abreise der Testpersonen fest, dass die Infektionslage auf diese Weise kontrollierbar ist. Das erleichterte den Beschluss der griechischen Regierung, die Inseln für Besucher zu öffnen.
"COVID-free Island"
Die zweite Hauptrolle für die Öffnung spielte die Entscheidung, sämtliche Bewohner der zahlreichen kleineren Inseln Griechenlands zu impfen. Auf Inseln mit weniger als 10.000 Einwohnern wurde die Impf-Priorisierung aufgehoben. Alle Bewohnerinnen und Bewohner sollten möglichst schnell geimpft werden, damit auch ihre Insel als "COVID-free Island" touristisch vermarktet werden kann.
Ab 15. Mai können sich Griechenland-Liebhaber nun wieder überall im Land frei bewegen. Nur das berühmte griechische Nachtleben wird man noch nicht wirklich genießen können. Zwar soll die Ausgangssperre von 21 auf 23 Uhr verschoben werden, abgeschafft aber ist sie noch nicht.
Tavernen ohne Live-Musik
Unklar bleibt auch, ab wann man in Griechenland auch wieder Kultur genießen kann. Eine Roadmap für die Wiedereröffnung von Theatern, Konzerthallen, Clubs oder Sommerkinos gibt es bisher nicht. Bis auf Weiteres bleibt Live-Musik in den Tavernen verboten - obwohl die Künstlerinnen und Künstler Griechenlands verzweifelt auf Einkommensquellen warten.
Bisher wurden ihre Hoffnungen bitter enttäuscht, genauso wie die derjenigen Landsleute, die das orthodoxe Osterfest in der kommenden Woche auf dem Dorf feiern wollen. Das fällt dieses Jahr auf den 2. Mai - und in den griechischen Städten hofften viele, nach dem Reiseverbot zu Weihnachten nun endlich einmal wieder aufs Land fahren zu dürfen. Aber die Regierung entschied sich aus Angst vor neuerlich steigenden Corona-Infektionen gegen eine entsprechende Lockerung. Die Öffnung des Tourismus darf auf keinem Fall gefährdet werden: Die Branche erwirtschaftet 25 Prozent des griechischen Bruttosozialproduktes.
Einen kleinen Trost für das vermasselte Ostern spendete die orthodoxe Kirche: Die heilige Synode entschied unerwartet flexibel, die Auferstehungsmessen von Mitternacht auf 9 Uhr abends vorzuziehen und auf die Kirchenhöfe zu verlegen. So können die Menschen vor der nächtlichen Ausgangssperre das im Gottesdienst entzündete Osterlicht an sich nehmen und die traditionellen roten Ostereier aneinander schlagen - wenn auch ohne die üblichen Wangenküsse für Bekannte und Unbekannte, die Maskenpflicht und Abstandsregeln zu Zeit nicht erlauben.