Großer Andrang auf dem chinesischen Bankensektor
2. Februar 2006Bislang haben ausländische Banken rund 20 Milliarden US-Dollar an Investitionen in dem Riesenreich zugesagt. Zuletzt gab der europäische Finanzkonzern Allianz bekannt, gemeinsam mit dem US-Investmenthaus Goldman Sachs und der Kreditkartenfirma American Express rund 3,78 Milliarden US-Dollar für zehn Prozent der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) zu zahlen.
Beteiligungen ja, Übernahmen bislang nein
Die Schweizer Großbank UBS hat sich gerade für eine halbe Milliarde Dollar mit 1,6 Prozent an der Bank of China (BoC) beteiligt. Eine Investorengruppe um die Royal Bank of Scotland will mehr als 3,1 Milliarden Dollar für zehn Prozent der BoC zahlen. Und die Bank of America gab bereits Mitte 2005 bekannt, dass sie neun Prozent an der China Construction Bank (CCB) für drei Milliarden Dollar kaufen will. Neben den drei Geldinstituten (ICBC, BoC und CCB) gehört noch die Agricultural Bank of China zu den vier mächtigen Staatsbanken in China. Die US-Bank Citigroup hat nun sogar beantragt, die mittelgroße Guangdong Development Bank ganz übernehmen zu dürfen. Bislang liegt die festgelegte Grenze für ausländische Beteiligungen in China bei 25 Prozent.
Die CCB ist als das erste der vier großen Geldinstitute im Oktober 2005 an die Börse gegangen. Die BoC will noch in der ersten Jahreshälfte 2006 aufs Aktienparkett folgen, zuletzt hieß es sogar, der Börsengang stehe unmittelbar bevor. Nach der BoC soll die ICBC gehen.
Öffnung des Bankensektors bis Ende 2006
Ausländische Geldinstitute wie die USB hoffen darauf, als so genannte Konsortialbank die Gewinn versprechenden Börsengänge zu leiten. Zudem läuft die Zeit bis zur Öffnung der Bankenbranche in der Volksrepublik ab: Bis Ende 2006 muss das Land seinen Finanzmarkt weiter zugänglich machen. Dies war Bedingung für die Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO). Die Investoren wollen vorher sicherstellen, am Bankensektor der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsmacht weltweit beteiligt zu sind.
Ab 2007 können dann ausländische Investoren ihre chinesischen Kunden alle selbst betreuen. Der Kreditkartenbereich, die Vergabe von Krediten und das Anlagegeschäft - vor allem für wohlhabende Kunden - dürfte dann interessant sein. Mehr als 1,7 Billionen US-Dollar soll das Milliardenvolk gespart haben. Ohne soziales Sicherungssystem müssen die Chinesen selbst für das Alter und die Ausbildung ihrer Kinder vorsorgen. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass es im nächsten Jahr zahlreiche neue Bankfilialen in China gibt. Die müssen noch immer genehmigt werden. Auch kann das Geld der Kunden nicht ohne weiteres im Ausland angelegt werden - der Yuan ist weiterhin nicht frei handelbar. Kritiker sagen sogar, Anfang 2007 gäbe es nur eine Öffnung des Bankensektors auf dem Papier.
Verliehenes Geld ohne Aussicht auf Rückzahlung
Das Engagement der fremden Finanziers auf dem chinesischen Bankenmarkt ist weiterhin mit erheblichen Risiken verbunden. Hauptproblem sind die vielen faulen Kredite - Geld, das verliehen wurde, ohne dass die Banken damit rechnen können, es je wieder zu bekommen. Schätzungen zufolge soll der Betrag bei 650 Milliarden Dollar liegen. Bis Ende 2005 fiel der Anteil dieser Darlehen immerhin auf 8,9 Prozent, zwei Jahre zuvor lag er noch doppelt so hoch. Doch auch für diese Besserung war eine Finanzspritze von 60 Milliarden Dollar durch die Regierung nötig. Zum Vergleich: Bei internationalen Banken liegt der Anteil an schlechten Krediten gerade mal bei ein bis zwei Prozent.
China braucht die fremden Finanziers
Die vielen ungedeckten Darlehen sind auch einer der Gründe, warum China an den ausländischen Geldgebern so interessiert ist. Sie sollen die Kapitaldecke im Land verbessern. Die Regierung erhofft sich aber auch fremdes Fachwissen und erfahrenes Managementpersonal von den Investoren. Die nächste Auslandsinvestition in Chinas Bankenbranche dürfte nicht lange auf sich warten lassen.