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Gemeinsam gegen IS-Terror

Bernd Riegert3. Dezember 2014

59 Staaten aus Amerika, Europa, dem Mittleren Osten und Asien wollen den Terror des "Islamischen Staates" eindämmen. Die Hauptlast liegt bei den USA. Die Luftangriffe zeigen Wirkung. Aus Brüssel Bernd Riegert.

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Symbolbild Islamischer Staat: Autos passieren einen Kontrollpunkt, an dem die Flagge des IS weht (Foto: AP)
Anti-Terror-Koalition: Die schwarze Flagge des IS soll verschwinden (hier über Kirkuk, Irak)Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Mizban

Der amerikanische Außeminister John Kerry hatte eingeladen und 58 Staaten aus Europa, der arabischen Welt und Asien kamen nach Brüssel ins Hauptquartier der NATO. "Das ist aber keine Aktion der NATO", stellte Kerry gleich zu Beginn klar. Man nutze nur die Logistik der Allianz für das große Treffen der vor drei Monaten ins Leben gerufenen Koalition gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS). Alle Symbole und Embleme der NATO waren aus dem Sitzungssaal in Brüssel entfernt oder mit blauen Tüchern verhängt worden. Die westliche Militärallianz soll in der internationalen Koalition keine Rolle spielen, der inzwischen 59 Staaten und drei Organisationen angehören. "Unsere Länder unterscheiden sich in Geografie, Geschichte und Kultur, aber wir erkennen alle die gemeinsame Bedrohung. Der IS ist eine Gefahr für die Interessen und Werte von uns allen", sagte der US-Außenminister.

Irak will Ausbildung von der NATO

Nicht dabei sind Russland und Syrien. Das von Bürgerkrieg zerrissene Syrien wird zum Teil von IS-Truppen beherrscht. Russland stützt nachwievor das international geächtete Regime von Präsident Assad. Vertreten war der Irak, auf dessen Territorium der "Islamische Staat" sich ausbreiten konnte. Der irakische Regierungschef bat die versammelten Minister der Anti-IS-Koalition um Hilfe. Die NATO, so Haider-al-Abadi, sollte nach Bagdad zurückkehren und dort wieder Soldaten der irakischen Armee ausbilden und beraten. Die offizielle Anfrage des Iraks werde der NATO bald zugehen, bestätigte NATO-Sprecherin Oana Lungescu.

Kerry: IS-Vormarsch ist gestoppt

John Kerry gab sich im Namen der Koalition entschlossen, den Kampf gegen den IS noch für Jahre fortzuführen, wenn das nötig sei: "Wir sind vereint und schreiten an allen Fronten voran. Wir werden diesen Kampf so lange fortführen, bis wir gesiegt haben." Kerry sagte, durch rund 1000 Luftangriffe seien die vermuteten 30.000 Kämpfer des IS geschwächt und ihr Vormarsch sei an vielen Stellen gestoppt worden. Allerdings sei die Gefahr noch keinesfalls gebannt. Deshalb verabschiedeten die 59 Staaten in Brüssel eine Strategie, die aus fünf Elementen besteht: Fortsetzung der Bombadierung von Stellungen und Konvois des IS, Stopp der Einreise von ausländischen Kämpfern, Austrocknen der Finanzierungsquellen, Kampf gegen die Propaganda des IS in sozialen Medien und weitere humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge und IS-Opfer.

Haider al-Abadi und John Kerry unterhalten sich (Foto: Reuters)
Iraks Premier Abadi (li.) und John KerryBild: REUTERS/E. Vidal

"Ideologischen Nährboden entziehen"

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier findet besonders wichtig, dass viele arabische Staaten versuchen wollen, die Ideologie des "Islamischen Staates" zu widerlegen und seine islamistische Propaganda zu konterkarieren. "Denn man muss dem IS ja auch den ideologischen Nährboden entziehen. Das können Europäer und Amerikaner nicht. Das müssen muslimische Staaten sein, die auch öffentlich sagen, der IS handelt nicht im Namen des Islam", sagte Steinmeier vor Reportern in Brüssel. Nach Angaben aus der US-Delegation erwartet US-Außenminister Kerry von den sunnitischen Herrscherhäusern im Mittleren Osten klare Aussagen gegen die ebenfalls von Sunniten beherrschte Terrororganisation IS. "Die arabischen Staaten übernehmen Führung. Und diese Führung ist notwendig und angemessen, denn das geografische Zentrum unserer weltweiten Anstrengungen ist nun einmal der Nahe Osten."

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (Foto: dpa)
Außenminister Steinmeier: Gefahr noch nicht gebanntBild: picture-alliance/dpa

Die Anti-IS-Koalition begrüßte die Anstrengungen der neuen irakischen Regierung eine schlagkräftigere integrierte Armee aus shiitischer Mehrheit und sunnitischer Minderheit im Irak aufzubauen. Shiiten und Sunniten gehören unterschiedlichen islamischen Glaubensrichtungen an. Hohe US-Diplomaten bestätigten, dass die militärische Zusammenarbeit mit der irakischen Armee besser funktioniere. "Wir brauchen die Hilfe von irakischen Truppen vor Ort zur Aufklärung und Zielerfassung, damit unsere Luftschläge den IS wirklich vernichtend treffen", so ein amerikanischer Diplomat.

Schwierige Lage in Syrien

Fast unmöglich sei die Zusammenarbeit derzeit in Syrien. Die Lage sei völlig unübersichtlich, weil sehr viele kleine und kleinste Kommandos und Rebellengruppen gegen die Regierung oder auch gegeneinander kämpften. Um der Bedrohung durch den IS Herr zu werden, müsse man langfristig ein Ende des Bürgerkriegs in Syrien erreichen, regte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier an. Auch wenn zwei Friedenskonferenzen gescheitert seien, dürfe man die Versuche nicht aufgeben. "Wir sehen mit einiger Besorgnis, dass das von außen mit Luftschlägen kaum zu lösen ist. Deshalb kommt es in Syrien und auch im Irak darauf an, dass wir erste Schritte auf dem Weg zurück zu einer politischen Lösung machen", sagte Steinmeier.

Rund zwölf Millionen Flüchtlinge und Heimatlose werden im Irak und in Syrien vermutet. Die Versorgung werde immer schwieriger, beklagte jüngst das World Food Programme der Vereinten Nationen, das nur noch bis zum Jahresende über ausreichende Finanzierung verfügt. Am Rande der Konferenz der Anti-IS-Koaltion in Brüssel kündigte Außenminister Steinmeier mehr deutsche Hilfe an: "Wir haben deshalb auf deutscher Seite entschieden, dass wir noch einmal 40 Millionen Euro an Winter- und Nahrungsmittelhilfe leisten, um zur Versorgung der Flüchtlinge durch das World Food Programme beizutragen." Deutschland beteiligt sich nicht an den Luftangriffen auf den IS, liefert aber Waffen und Ausrüstung an kurdische Kämpfer im Nordirak.

"Noch verdammt viel Arbeit"

Die Terrororganisation "Islamischer Staat", die auch als ISIS, ISIL oder Daesch bezeichnet wird, hatte im Juni ein Kalifat, eine Art radikalen Gottesstaat, in Teilen Iraks und Syriens ausgerufen und zeichnet sich durch besonders brutales Vorgehen aus. Dem IS werden schwere Verbrechen wie die Kreuzigung von Gegnern und Massenvergewaltigungen vorgeworfen. Mehrere westliche Geiseln wurden mutmaßlich geköpft. Schockierende Internet-Videos dieser Hinrichtungen machten weltweit Schlagzeilen. Tausende Angehörige religiöser Minderheiten im Irak wurden belagert oder ermordet. Diese Vorgänge waren der Auslöser für die Bildung der Anti-IS-Koalition vor drei Monaten.

Kampfjets starten von einem Schiff aus (Foto: Reuters)
US-Kampfjets starten in Richtung IS-Stellungen im IrakBild: US Navy/Handout via Reuters

Die in Brüssel versammelten Minister beschlossen, sich in regelmäßigen Abständen zu treffen, um die Anti-IS-Strategie umzusetzen. An diesem Freitag (05.12.2014) beraten die Innenminister der EU erneut, wie die Ausreise von angeworbenen radikalisierten Kämpfern nach Irak oder Syrien unterbunden werden kann. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, dass das breite Bündnis gegen den IS unbedingt halten müsse. "Diese Fortschritte, die es gegeben hat in den letzten drei Monaten, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass natürlich die Bedrohung durch den IS längst nicht überwunden ist und dass es noch verdammt viel zu tun gibt."

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