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Großer Markt für Kleinbauern

Peter Hille26. April 2013

Mehr produzieren, mehr exportieren, mehr verdienen. So einfach könnte die Formel sein für Afrikas Landwirtschaft. Doch aufgehen wird die Rechnung nur, wenn sich die vielen Kleinbauern des Kontinents zusammentun.

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Bauer Pesalomo Ouédraogos auf seinem Kartoffelfeld in Burkina Faso (Foto: DW/Peter Hille)
Bild: DW/P. Hille

Pesalomo Ouédraogo zieht die Mundwinkel nach unten. Der Bauer hebt einen Stein vom Boden auf und schleudert ihn mit voller Kraft in Richtung des laut grunzenden Schweins. Schon wieder hat sich ein Tier über seine Kartoffeln hergemacht. "Eigentlich wollte ich meine Felder ja einzäunen, aber dafür hat mir dieses Jahr das Geld gefehlt", sagt Ouédraogo und kann schon wieder lachen. Denn das Schwein hat nur ein wenig geknabbert und macht sich laut quiekend aus dem Staub. Gesund und grün stehen die Kartoffelpflanzen in langen, geraden Reihen auf Ouédraogos Feld. Das ist circa 50 Meter Mal 50 Meter groß und soll bald sechs Tonnen Kartoffeln abwerfen. "Ist alles durchgerechnet", erklärt Ouédraogo.

Kartoffeln und andere Lebensmittel auf einem Markt bei Ouagadougou, Burkina Faso (Foto: DW/ Peter Hille)
Mehr Angebot, bessere Preise: Lebensmittelmarkt in Burkina FasoBild: DW/P. Hille

Durchgerechnet hat er das mit einem Berater seiner Genossenschaft, einem Zusammenschluss aus 99 Bauern rund um den Ort Komsilga im Zentrum Burkina Fasos. 25.000 Franc CFA, knapp 40 Euro, kostet die Mitgliedschaft im Jahr. Das lohne sich, sagt Ouédraogo. "Dieses Geld haben wir bei der Bank angelegt. Und dank dieses Vermögens kann jeder einzelne Kredite beantragen, um die Arbeitseffizienz zu verbessern." So habe er sich etwa eine Motorpumpe leisten können. Außerdem könne man gemeinsam größere Mengen verkaufen und erziele deshalb bessere Preise. "Nur wenn man sich mit anderen zusammenschließt, kann man eben wirklich was erreichen."

Kleinbauern in der großen Politik

Das gilt auch in der Hauptstadt Ouagadougou. Dort hat der "Verband der Bauern Burkina Fasos" sein Hauptquartier. Verschiedene kleinere Organisationen gründeten ihn im Jahr 2002, um gemeinsam in der Agrarpolitik des Landes mitzumischen. Ihr einstöckiges Bürogebäude ist bescheiden - gerade mal ein Traktor könnte im Versammlungsraum parken. Die Ziele des Verbands jedoch seien ehrgeizig, meint Generalsekretär Zongo Jules. Man wolle, "dass der Staat eine Politik macht, die den Bedürfnissen speziell der Kleinbauern gerecht wird."

Bislang nämlich tue Burkina Faso zu wenig für seine Bauern. Ganz im Gegensatz zu den USA und der Europäischen Union. "Die unterstützen und subventionieren ihre Bauern massiv. Und wenn man dann die Erträge unserer Bauern mit denen vergleicht, die im Westen erzielt werden, dann sehen wir natürlich einen großen Unterschied." Ihm sei klar, dass arme Staaten wie Burkina Faso für Agrarsubventionen nicht so viel Geld ausgeben könnten wie die Länder des Westens. "Aber es fehlt auch am politischen Willen. Wenn unsere Politiker den Willen hätten, die Produktion und Produktivität zu steigern, dann könnten sie darin investieren", so Jules. So wie bei der Getreideproduktion. Da habe der Staat in den vergangenen drei Jahren die Bauern unterstützt, indem er Saatgut aufgekauft und zu vernünftigen Preisen weitergegeben habe. "In drei Jahren konnten wir so die Produktion verdreifachen, von 200.000 auf 600.000 Tonnen!"

Generalsekretär des Bauernverbands von Burkina Faso Jules Zongo (Foto: DW/ Peter Hille)
Chef des Bauernverbands: Jules ZongoBild: DW/P. Hille

Auf der Suche nach dem Markt

Auch wenn die Produktion steigt - muss das nicht automatisch ein gutes Einkommen für die Bauern bedeuten. Denn nicht nur die Ernte sei entscheidend, sondern auch, was danach kommt, erklärt Dr. Florent-Dirk Thies. Er koordiniert das Landwirtschaftsprogramm der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Burkina Faso. Das Problem sei, dass die Mehrheit der Menschen hier als Selbstversorger Landwirtschaft betrieben oder Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland erhielten. Einen echten Markt für Lebensmittel gebe es deshalb nicht. "Und wenn man keinen Markt hat und Landwirtschaft nur betreibt, um sich selbst zu ernähren, dann hat man auch nicht die Möglichkeit irgendwelche Intensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft zu finanzieren wie Düngemittel, Bewässerung und so weiter."

Der Landwirtschaftsminister von Burkina Faso Laurent Sedogo (Foto: DW/ Peter Hille)
Burkinas Landwirtschaftsminister Laurent SedogoBild: DW/P. Hille

Mithilfe solcher Maßnahmen jedoch könnten Landwirte in Burkina Faso ihre Ernte versechsfachen, erklärt Thies. Burkina Faso müsse deshalb versuchen, auf dem Weltmarkt so genannte Cash-Crops anzubieten, also landwirtschaftliche Erzeugnisse, die gewinnbringend exportiert werden können. Traditionell verkaufe das Burkina Faso Baumwolle, die teilweise auch mit Fair-Trade-Siegeln vermarktet und im Ausland weiter verarbeitet werde. Noch besser sei es jedoch, Agrarprodukte im Land selbst weiter zu veredeln und dann zu exportieren - ätherische Öle für die Kosmetikindustrie zum Beispiel, wie Zitronella aus Zitronengras oder Öl aus der Ingwerknolle.

Kaum Export ohne Binnenhafen

Ideen, die Thies direkt mit dem Landwirtschaftsminister des Landes besprechen kann. Im Auftrag der deutschen Gesellschaft berät er nämlich Laurent Sedogo und sein Ministerium. Auf der Tagesordnung: die Vorbereitung einer Deutschlandreise des Ministers. Auch dorthin würde Sedogo gerne mehr exportieren. Er hat Thies in sein Büro in ein hellgelb gestrichenes Hochhaus im Regierungsviertel Ouagadougous eingeladen. Der Minister schaut hinüber zu seinem deutschen Gast, lehnt sich dann zurück in seinen Ledersessel und erzählt von besseren Zeiten.

Grüne Bohnen auf einem Markt bei Ouagadougou, Burkina Faso (Foto: DW/ Peter Hille) Burkina Faso möchte zum Agrar-Exporteur aufsteigen. Seit den 1990er Jahren konnte Burkina Faso seine landwirtschaftliche Produktion verdoppeln. Vor allem durch verbesserte Bewässerungsmethoden ist weiteres Wachstum möglich, sagen Experten. Entscheidend ist zudem der Zugang zu Märkten. Ein Ansatz: Bauern vermarkten ihre Produkte gemeinsam in Genossenschaften und können so bessere Preise erzielen. DW/ Peter Hille
Einst Exportschlager: Burkinas BohnenBild: DW/P. Hille

Vor einigen Jahren sei man führend gewesen beim Export grüner Bohnen, so Sedogo. Doch heute liege man abgeschlagen auf den hinteren Plätzen, vor allem wegen der hohen Transportkosten. "Wir sind ein Land ohne eigenen Hafen. Und deshalb können wir unsere Bohnen nicht mehr zu einem konkurrenzfähigen Preis verkaufen." Man werde jedoch die Produktivität erhöhen und die Qualität der Erzeugnisse. "Und dann werden wir auf den Weltmarkt zurückkehren", so Sedogo.

Der Weltmarkt. Ein Stichwort, das immer wieder fällt. Doch auch wenn der Blick in die Ferne geht, wenn der Minister wissen muss, in welchen Ländern ätherische Öle etwa für die Parfumindustrie besonders nachgefragt werden: zuerst einmal müssten alle Menschen in Burkina Faso satt werden. "Zweitens wollen wir mit der Landwirtschaft die Basis schaffen für eine Wirtschaft, die gedeiht. Denn mehr als 80 Prozent unserer Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Und wenn diese Menschen durch Landwirtschaft Einkommen erzielen, dann verringern sie die Armut und sind in der Lage zu investieren."

Ackern für den Wohlstand

Zurück auf den Feldern von Pesalomo Ouédraogo. Mit viel Schwung haut er seine Spitzhacke in den Boden, um die Erde zu lockern. Seit 22 Jahren schon ist Ouédraogo Bauer. Und auch wenn er seine Felder mit einfachen Methoden bewirtschaftet - er hat sich doch einen bescheidenen Wohlstand erarbeitet, seine Familie hat genug zum Leben. "Außerdem ist das sowieso mein Lieblingsberuf", sagt er und legt die Hacke auf den sandigen Boden. "Mir macht es Spaß im Feld zu arbeiten. Und ich bin von niemandem abhängig, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen."

Bauer Pesalomo Ouédraogos an der Baustelle seiner Lagerhalle bei Ouagadougou in Burkina Faso (Foto: DW/ Peter Hille)
Bauer Ouédraogo hat in eine Lagerhalle investiertBild: DW/P. Hille

Damit sich das Einkommen vermehrt, investiert aber auch Ouédraogo. Gemeinsam mit den Kollegen seiner Genossenschaft baut er derzeit ein Lager. Er zeigt auf einen Rohbau nur wenige hundert Meter von seinen Feldern entfernt. Stahlgitter ragen aus einer halbfertigen Wand in Richtung Abendhimmel. Bis zu 20 Tonnen Zwiebeln sollen hier einmal lagern - so lange, bis der Markt einen guten Preis hergibt. Und gut geschützt vor den Schweinen aus der Nachbarschaft.

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