Perez gewinnt, Verstappen verpasst vorzeitigen Titelgewinn
2. Oktober 2022Es waren einfach nicht die Tage des Max Verstappen. Der WM-Spitzenreiter verpasst nach einem aus seiner Sicht chaotischen Rennwochenende in Singapur das Podium und damit auch die vorzeitige WM-Titelverteidigung, die theoretisch möglich gewesen wäre.
Doch der 25-jährige Niederländer war nur von Startplatz acht aus in das aufgrund von starken Regenfällen mehr als eine Stunde später als geplant gestartete Rennen gegangen und wurde am Ende Siebter vor Sebastian Vettel und dem Briten Lewis Hamilton, die er beide kurz vor Rennende noch überholen konnte. Für die vorzeitige Titelverteidigung wäre allerdings in jedem Fall der Sieg Voraussetzung gewesen.
Rechenfehler im Qualifying
Dass es damit an diesem Wochenende für Verstappen, der in Singapur noch nie gewinnen konnte, nach zuvor fünf Siegen in Serie nichts werden würde, war bereits nach dem Qualifying am Samstag abzusehen. Dabei war Verstappen sogar auf einer schnellen Runde unterwegs und der Weg zur Pole Position schien frei. Doch ein peinlicher Fehler des Kommandostandes machte alles zunichte. Auf der letzten schnellen Runde, auf Bestzeitkurs wurde der Niederländer zurück an die Box gerufen. Und so ging die Pole Position an Charles Leclerc. "Was zur Hölle?!", schrie Verstappen in den Funk, "warum?! Unglaublich, Leute!"
Die Erklärung lieferte Red Bull später nach, es war schlicht zu wenig Benzin im Tank. Man habe sich verrechnet und Verstappen zurück in die Box beordert, um eine Strafversetzung zu vermeiden. Diese hätte gedroht, wenn nicht mehr genug Treibstoff für die Entnahme der obligatorischen Probe im Boliden des Niederländers gewesen wäre.
"Das ist unglaublich frustrierend und sollte nicht passieren", sagte Verstappen und bezeichnetet den Fehler als "inakzeptabel". Er müsse nun erstmal "ins Hotel und abschalten", sagte der WM-Spitzenreiter und verließ die Strecke schnell. "Das ist so in diesem Geschäft. Du bist eigentlich nie weit davon entfernt, etwas zu verbocken", sagte Red-Bull-Motorsportchef Christian Horner zu dem Taktik-Fehler unmittelbar vor dem Rennen bei Sky.
Verstappen auf der Rasierklinge
Da warteten bereits alle auf den Start, der wegen der staken Regenfälle über der südasiatischen Metropole verschoben werden musste. Auf der wieder einigermaßen trockenen Strecke legte dann Verstappen-Teamkollege Sergio Perez den besten Start hin und kassierte den von der Pole Position aus ins Rennen gegangenen Ferrari von Charles Leclerc direkt nach dem Start und fuhr anschließend in einem blitzsauberen Rennen dem Sieg entgegen.
Für Max Verstappen wäre das Rennen hingegen nach den ersten Metern beinahe schon zu Ende gewesen, nachdem Kevin Magnussen, Teamkollege von Mick Schumacher bei Haas, ihn in arge Bedrängnis gebracht hatte. Doch Verstappen war schnell genug auf der Bremse und konnte weiterfahren. "Immer noch zu nass", lautete dann die schroffe Antwort des Niederländers auf die Teamfunk-Frage nach einem Reifenwechsel.
Eine richtige Einschätzung, wie er einige Runden später feststellte. Mit neuen Pneus bereift, geriet der WM-Spitzenreiter nach einem Safety-Car-Restart auf einem immer noch nassen Streckenstück in Bedrängnis und konnte froh sein, dass er sein beim Bremsen nur noch geradeaus steuerndes Auto in die großzügig angelegte Auslaufzone steuern und das Rennen mit ein wenig Zeitverlust fortsetzen konnte.
Perez Erster, aber auch Sieger?
Der Große Preis von Singapur wurde dank Sergio Perez trotz des verpassten vorzeitigen WM-Titels für Verstappen dennoch zum Erfolg für Red Bull. Nach den fünf Verstappen-Siegen baut der Mexikaner mit seinem zweiten Saisonsieg nach dem Triumph beim Großen Preis von Monaco die Siegesserie von Red Bull auf nun sechs Rennen in Folge aus. Dabei mussten der mexikanische Pilot und sein österreichisches Team noch bangen, weil Perez wegen eines Abstandsfehlers während einer Safety-Car-Phase noch eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe kassierte.
Diese hatte er in den letzten Runden vorwegfahrend zwar als Polster auf Charles Leclerc herausgefahren. Allerdings wurde nach dem Rennen eine weitere Verfehlung von Perez in Bezug auf den maximal zulässigen Abstand zum Safety-Car untersucht, was Perez weitere fünf Sekunden Strafe und Charles Leclerc den Sieg beschert hätte. "Nach unseren Erfahrungen ist die Strafe von fünf Sekunden, die hier ausgesprochen wurde korrekt", sagte Red-Bull-Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko nach dem Rennen bei Sky. Alles andere sei aus seiner Sicht "lächerlich". "Was immer da kommt, der moralische Sieger ist er auf jeden Fall."
Doch es kam nichts mehr. Mehr als zwei Stunden nach Rennende und nach einer Anhörung des Siegers entschied der Motorsport-Weltverband FIA um 1.45 Uhr am Montagmorgen Ortszeit, Perez nur mit einer Ermahnung zu belegen. "Das war sicherlich meine beste Leistung, obwohl das Aufwärmen der Reifen sehr schwierig war. Die letzten Runden waren total intensiv. Als ich aus dem Auto raus bin, habe ich gemerkt, wie sehr ich gepusht und alles für den Sieg gegeben habe", sagte Perez für den es die achte Podiums-Platzierung der Saison war. In der WM -Wertung liegt der Mexikaner nun mit 235 Punkten auf Rang drei und nur noch zwei Punkte hinter Ferrari-Pilot Charles Leclerc (237).
Max Verstappen liegt trotz seines durchwachsenen Rennwochenendes mit deutlichem Vorsprung auf Rang eins der Fahrerwertung. 341 Punkte hat der WM-Titelverteidiger der Formel 1 nun auf dem Konto und schon in einer Woche gibt es für ihn beim Großen Preis von Japan in Suzuka (Rennen 09. Oktober, 7 Uhr MESZ) die nächste Chance, seinen zweiten WM-Titel unter Dach und Fach zu bringen.