Großfeuer heizen dem Klima ein
11. Januar 2013Das Klima ist eine komplizierte Angelegenheit - weshalb es selbst den Forschern schwer fällt, präzise Klimaprognosen abzugeben. Denn das Klima wird durch viele Faktoren beeinflusst: Sonneneinstrahlung, Treibhausgase, Weltmeere. Ein anderer Faktor aber wird bisher weitgehend außer Acht gelassen: Feuer, wie Wald- und Großbrände. Erst allmählich wird den Experten klar, dass vor allem Waldbrände unser Klima spürbar verändern - und umgekehrt auch vom Klimawandel beeinflusst werden.
"Jedes Jahr brennen mehr als 400 Millionen Hektar ab, eine Fläche größer als Indien", sagt Silvia Kloster vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Oft sind es Blitzeinschläge, die Holz entzünden und ganze Wälder vernichten. Aber auch der Mensch mischt kräftig mit: entweder als Feuerlöscher - der durch seine Landwirtschaft natürliche Brände eindämmt oder verhindert - oder aber als Brandstifter, der Wälder abfackelt, etwa um Ackerland zu gewinnen.
Eines dieser menschgemachten Großfeuer konnte die Klimaforscherin vor zwei Jahren in einem Nationalpark in Südafrika hautnah miterleben. Dort hatten die Behörden absichtlich einen Flächenbrand gelegt, um dafür zu sorgen, dass das Unterholz in der Savanne nicht zu dicht wird: Hubschrauber hatten tischtennisballgroße, mit dem Alkohol Glycerin gefüllte Bälle abgeworfen, die im trockenen Gras schnell ein ordentliches Feuer entfachten. "Ich stand mittendrin", erinnert sich Kloster. "Das Feuer breitete sich mit rasender Geschwindigkeit aus." Die Feuerwehr hatte die Sache zwar im Griff, dennoch nahm Kloster eine bleibende Erinnerung mit nach Deutschland: "Am Ende roch ich wie geräuchert, meine Sachen konnte ich gleich mehrmals waschen!"
Quasi ein Berufsrisiko, denn Silvia Klosters Spezialgebiet ist das Feuer. Sie versucht herauszufinden, welchen Einfluss es aufs Klima hat und umgekehrt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Mensch immer mehr Felder anlegte und Städte baute, wüteten immer weniger Feuer auf unserem Planeten. Dann kam der Wendepunkt. Die Zahl der Brände, fand Kloster heraus, stieg erneut. "Unsere Simulationen haben gezeigt, dass 1960 ein Kipppunkt war", sagt die Klimaforscherin. "Seitdem nimmt die Fläche, die jedes Jahr auf der Erde abbrennt, wieder zu."
Erhöht der Klimawandel die Brandgefahr?
Als Grund dafür sehen die Experten die globale Klimaerwärmung: Durch sie ist es vielerorts heißer und trockener geworden. Und trockenes Holz brennt besser als feuchtes. Außerdem lässt der steigende CO2-Gehalt der Luft die Pflanzen besser wachsen - schließlich ist CO2 das Atemgas der Pflanzenwelt. Infolgedessen gibt es immer mehr Biomasse auf der Erde, also auch mehr Brennmaterial. Um herauszufinden, ob sich dieser Trend weiter fortsetzt und ob der Klimawandel dazu führt, dass in 25 Jahren immer mehr Brände die Erde heimsuchen, bilden Kloster und ihr Team das Geschehen am Computer nach. Das Resultat: "Global sehen wir eine Zunahme", erläutert Kloster. "In manchen unserer Simulationen steigt die Zahl der Brände für das Jahr 2040 um ein Fünftel an."
Aber: In verschiedenen Regionen auf der Erde dürfte es beträchtliche Unterschiede geben. "In manchen Gegenden werden wir eine Zunahme finden, in anderen Regionen dagegen eine Abnahme." In den Tropenwäldern etwa könnten die Feuer besonders zunehmen. Im Mittelmeerraum dagegen dürfte es seltener brennen als heute. Dort wird es wegen zunehmender Trockenheit weniger Vegetation geben, und damit weniger Brennmaterial.
Wechselwirkungen ungeklärt
Doch das Klima beeinflusst nicht nur das Feuer, sondern Feuer wirkt sich umgekehrt auch auf das Klima aus. Offensichtlich ist: Je mehr Brände wüten, umso mehr CO2 gelangt in die Luft. Allerdings ist das in der Regel nur ein vorübergehender Effekt. Schließlich wachsen auf den verbrannten Flächen meist wieder Pflanzen, die das CO2 dann erneut binden. "Aber es gibt noch viele andere Faktoren", sagt Silvia Kloster. "Brände setzen nicht nur CO2 frei, sondern auch viele andere Gase." So entstehen zum Beispiel beträchtliche Mengen an Methan - ein noch wirksameres Treibhausgas als CO2. Zudem werden viele Rußteilchen in die Luft geblasen. Die sind bekanntlich tiefschwarz, absorbieren das Sonnenlicht dadurch höchst effizient und heizen die Atmosphäre zusätzlich auf."
Doch die Sache ist verzwickt: Manche Schwebteilchen, die durch Feuer in die Atmosphäre gelangen, könnten die Klimaerwärmung sogar dämpfen, indem sie als Keime für Wolken fungieren. Diese Wolken könnten unsere Atmosphäre kühlen, indem sie Sonnenstrahlung ins All reflektieren. Fazit: Es dürfte in Zukunft zwar mehr Feuer auf der Erde geben - aber ob diese Brände den Klimawandel zusätzlich anheizen oder vielleicht eher dämpfen werden, kann Silvia Kloster derzeit noch nicht abschätzen: "Das ist eine Forschungsfrage, an der wir stetig arbeiten."