Grünes New Orleans
27. November 2009Ökologisches Bauen hat Wolfram Putz und seine Partner Lars Krückeberg und Thomas Willemeit schon während des Studiums interessiert. Der ganz große Durchbruch gelang den dreien damit aber erst in Amerika - nachdem der Hollywood-Star Brad Pitt, ein Freund der Architekten, sich zum Anwalt der betrogenen Opfer des Hurrikans "Katrina" gemacht hat, der im August des Jahres 2005 weite Teile von New Orleans zerstörte. Allein in dem sozial schwachen Stadtteil Lower Ninth Ward starben seinerzeit rund 1000 Menschen, sehr viel mehr verloren Haus und Heimat. Die amerikanische Regierung aber hat es bis heute versäumt, ihnen angemessen unter die Arme zu greifen und ihre Rückkehr zu ermöglichen. Aus Verdruss darüber hat Brad Pitt dann "Make It Right" gegründet, eine Stiftung, die für die ärmsten Opfer der Katastrophe nun zukunftsweisende Häuser bauen lässt. Maßgeblich beteiligt an diesem Projekt ist das Berliner Büro Graft.
Ein Projekt für die Zukunft
"Wir versuchen jetzt, es endlich mal richtig zu machen", sagt Graft-Architekt Lars Krückeberg. Die Menschen sollen zurückkehren und Häuser erhalten, in denen sie in Stolz und Würde wohnen können. In die Zukunft soll dieses Projekt weisen - und zwar über New Orleans hinaus. Deswegen heiße es "Make It Right". Aber, ergänzt Wolfram Putz, "Make It Right" bedeute eben auch, dass ein Modellhaus entwickelt werde, "das in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit das große Thema sein wird, ein richtig gutes, besser gemachtes Haus ist. Egal, an welchem Ort".
Der Popularität von Brad Pitt ist es zu verdanken, dass die Idee nun tatsächlich umgesetzt wird. Denn der Schauspieler hat nicht nur für die nötige Öffentlichkeit gesorgt, sondern neben den international erfolgreichen Berliner Architekten auch Spezialisten wie den amerikanischen Vordenker des ökologischen Bauens, Bill McDonough, mit ins Boot geholt.
Öffentlichkeit herstellen
In einem ersten Schritt wurde dann das "Pink Project" entwickelt, eine Aktion, bei der 450 pinkfarbene Hausattrappen im Lower Ninth Ward aufgestellt wurden, die sukzessive und nach Eingang entsprechender Spenden durch echte Häuser ersetzt werden. Das Sammeln von Geldern, erläutert Graft-Partner Thomas Willemeit, sei nötig, um die finanziellen Verhältnisse der Einzelnen so weit aufzustocken, dass sie eines der Häuser finanzieren können.
Viele der früheren Bewohner des Lower Ninth Ward leben immer noch in Auffangquartieren irgendwo in den Vereinigten Staaten. Das Geld, mit dem sie nach der Katastrophe für den Verlust ihrer Häuser entschädigt wurden, reichte nicht aus, um auf dem Familiengrund neu zu bauen. Die Stiftung "Make It Right" hat inzwischen mehrere Millionen Dollar gesammelt und bereits 80 Häuser gebaut. Zur Auswahl stehen den Opfern des Hurrikans Katrina dabei 13 Entwürfe renommierter Architekten.
Modellhäuser für die Opfer des Hurrikans
Diese Häuser seien, so Lars Krückeberg, intelligent und sie sparen Geld. "Das Haus, das wir entwickelt haben, hat eine Drei-Dollar-Utility-Bill, also Wasser, Strom, Energie für drei Dollar im Monat. Und das alles mit Materialien, die vom "cradle to cradle"-Prinzip inspiriert sind, das davon ausgeht, dass alles, was wir für den Hausbau benutzen, wieder zerlegt werden kann, wieder recyclebar ist, wieder in den Strom von Waren einkehren kann".
Der Lower Ninth Ward war eine wirtschaftlich arme, aber kulturell reiche Gegend, in der die Menschen miteinander und nicht nebeneinander her gelebt. Den vielfältigen Traditionen vor Ort haben die Architekten mit der Gestaltung der Häuser Rechnung getragen.
Ökologisch bis ins Detail
Gleichzeitig aber bauen sie etwas völlig Neues – mit Ressourcen sparenden Materialien, kurzen Transportwegen, zeitgemäßen Raumkonzepten und intelligenten Details. Thomas Willemeit verweist beispielsweise auf Fußbodenplatten im Außenraum, durch die Regenwasser dringen kann. "Damit sparen Sie sich jegliche Entwässerungskanäle, die normalerweise einen Riesenaufwand darstellen und Verrohrung bedeuten, riesige Abwassermengen und so weiter und so fort".
"Make It Right" beweise, so sagen die Berliner Architekten, dass man auch mit wenig Geld zukunftsweisend und interessant bauen kann. Wie sich das auf den europäischen Markt und ganz andere klimatische Bedingungen übertragen lässt, wollen sie im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Hamburg vorstellen - mit einem Mehrfamilienhaus in Holzbauweise.
Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Dеnnis Stutе