Tunesien - Grüne Inseln in der Wüste
15. Mai 2008
Stolz ist Am Amor, als er seine Geschichte vom Kampf gegen die Wüste erzählt. Bis die ersten Datteln geerntet werden konnten, war es ein langer Weg. Jetzt sitzt Am Amor auf einem Palmenstrunk vor einem großen Dattelhain, trägt eine hellbeige Joubba, raucht eine Zigarette und genießt sichtlich das Treiben um ihn herum. Es ist wieder Dattelernte, und das erinnert ihn an die Anfänge der Oase Hazoua, an die Geschichte seines Nomadenstammes, der hier im Süden Tunesiens sesshaft geworden ist.
Naturgewalt Wüste – ein bezwingbarer Gegner?
Wüstenbildung bedroht ein Drittel der Erde und weite Teile Tunesiens. Fast 90 Prozent der Wasserreserven des Landes sind ausgeschöpft. Inmitten der heißen Ödnis der Wüste erscheinen die grünen, kühlen Oasen fast unwirklich. Sie sind der sichtbare Beweis des Erfolgs von Menschen gegen die fortschreitende Wüstenbildung. Mit großem Aufwand ringen die Menschen der Wüste kleine Flecken fruchtbaren Bodens und einen Teil der kargen Wasservorräte ab. In den meisten Oasen werden Dattelpalmen angebaut, um die Früchte zu exportieren. Ein lukratives Geschäft. Es wurde von der Politik in den 50er und 60er Jahren gefördert, um die Auswanderung vom Süden in den Norden Tunesiens, aber auch nach Europa einzudämmen.
Wasser kostbarer als Gold
Doch so leicht lässt sich die Wüste nicht zähmen. In einer Region, in der Wasser kostbarer ist als Gold, ist nicht viel Spielraum für politische Fehlentscheidungen. „Heute sehen wir, dass die Ressourcen hier übermäßig beansprucht werden. Anfangs hatte der Staat die Ansiedlung von Bauern noch massiv gefördert“, so Helmy Sabara, Leiter des GTZ-Büros in der Region. Jetzt versuche die Regierung die wachsende Beanspruchung der unterirdischen Wasserreserven zu kontrollieren. Denn zu groß ist die Gefahr, dass der Grundwasserstrom versiegen könnte. Die nährstoffarmen Böden können durch Dünger angereichert werden, weiß Helmy Sabara. „Doch ohne Wasser gewinnt die Wüste wieder die Oberhand“.
Ein weiteres Problem bei der Nutzung der Wüste ist der hohe Salzgehalt des Bodens. Die Bauern leiten einfach große Wassermengen durch die Oasen und spülen den Boden dadurch aus. Das salzige Spülwasser jedoch landet in der Wüste und macht den Boden noch salziger.
Hightech und überlieferte Traditionen
Verblüffende Wege aus diesem Teufelskreis hat das IRA entdeckt, das Institut für das Studium von Trockengebieten in Medenine im Südwesten des Landes.
Rund 70 Forscher untersuchen dort, wie und warum sich Wüste bildet und ausbreitet. Und wie sich die Wüstenbildung eindämmen lässt. Zum Beispiel mit dem Anbau von Pflanzen, die mit relativ salzigem Wasser und mit den nährstoffarmen Böden klarkommen. „Wir haben es geschafft, Olivenbäume so zu optimieren, dass diese sogar mit weniger als 100 Millimeter Wasser pro Jahr zurechtkommen, also rund einem Fünftel des Normalverbrauchs“, berichtet Ali Ferchichi, der Leiter des Projekts. Wenn er das bei internationalen Konferenzen erzähle, dann glaube ihm kein Mensch, sagt Ferchichi mit einem kleinen Lächeln. Doch er weiß: Es funktioniert. Schließlich kennt er sich aus bei der Entwicklung von Technologien, die besonders gut auf trockene Gebiete zugeschnitten sind.
Autorin: Anke Hagedorn
Redaktion: Peter Koppen