Guantanamo-Häftling erstmals vor Zivilgericht
10. Juni 2009"Nicht schuldig" lautete am Dienstag (09.06.2009) die Einlassung des ersten Terrorverdächtigen aus Guantanamo, dem vor einem US-Zivilgericht in New York der Prozess gemacht wird. Dem aus Tansania stammenden Ahmed Ghailani wird unter anderem die Beteiligung an den 1998 verübten Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania vorgeworfen. Bei den Anschlägen wurden 224 Menschen getötet, darunter zwölf Amerikaner. Für jeden Toten steht Ghailani einzeln unter Mordanklage. Er soll beim Bau der Bomben geholfen haben, hatte Afrika aber nach Angaben der US-Justiz bereits vor den Anschlägen verlassen.
Insgesamt werden Ghailani nach Angaben des US-Justizministeriums 286 Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter auch Verschwörung mit dem Extremistenführer Osama bin Laden und anderen ranghohen El-Kaida-Führern zur Ermordung von US-Bürgern. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Angeklagten lebenslange Haft oder die Todesstrafe.
Erster Test für Obamas neue Politik
Der Tansanier stand in den USA lange auf der Liste der meistgesuchten Terroristen. Auf seine Ergreifung war eine Belohnung von 25 Millionen Dollar ausgesetzt. Ghailani wurde im Juli 2004 bei einem Feuergefecht im Osten Pakistans verhaftet und 2006 in das US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba verlegt.
Der Prozess gilt als erster Test für den Plan von Präsident Barack Obama - trotz schwerer Sicherheitsbedenken auch aus Kreisen seiner Demokratischen Partei - viele der noch verbliebenen 240 Guantanamo-Häftlinge in die USA zu bringen und dort vor ordentlichen Gerichten anzuklagen. Für Terrorverdächtige, die nicht vor US-Gerichten angeklagt werden können, sucht Obama inzwischen Sonderregelungen, mit denen sie möglichst lange ohne Verfahren inhaftiert bleiben können.
Obama hatte schon während des Wahlkampfs versprochen, das Gefangenenlager Guantanamo aufzulösen. An die Verbündeten der USA hatte er appelliert, Insassen des Lagers aufzunehmen, die nicht angeklagt, aber aus politischen oder humanitären Gründen nicht in ihre Heimat zurückgeführt werden können.
Überraschendes Signal aus Palau
Als eines der ersten Länder hat sich am Mittwoch der Inselstaat Palau im Pazifischen Ozean bereit erklärt, 17 Uiguren aus dem Militärlager aufzunehmen. In einer Erklärung des palauischen Präsidenten Johnson Toribiong hieß es, es handele sich um eine humanitäre Geste.
Uiguren aufnehmen oder nicht?
Die US-Administration hatte im Zusammenhang mit der Übernahme von Angehörigen des im Westen Chinas lebenden Turk-Volkes eine Liste mit neun Namen übersandt. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) grundsätzlich Bereitschaft zur Hilfe signalisierte, machten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (ebenfalls CDU) und fast alle seine Kollegen aus den Bundesländern deutlich, dass sie der Aufnahme kritisch gegenüberstehen. Sie gehen davon aus, dass die Uiguren in Terrorcamps ausgebildet wurden. Eine Anwältin der Muslime wies diese Darstellung zurück. Ihre Mandanten seien bereit, umfassende Sicherheitserklärungen abzugeben, sagte Seema Saifee "Spiegel Online". Die Uiguren seien entsetzt und enttäuscht über die ablehnende Haltung der Bundesregierung. In Deutschland lebt die europaweit größte uigurische Minderheit. (gmf/kle/ap/afp/dpa/epd/rtr)