Einigung zum Verbleib Russlands im Europarat
17. Mai 2019Wie die paneuropäische Organisation in Straßburg mitteilte, sprachen sich die Außenminister der Europaratsländer bei einem Treffen in Helsinki mehrheitlich dafür aus, die wegen der Krim-Annexion gegen Russland verhängten Sanktionen zu lockern. "Alle Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, gleichberechtigt sowohl an der Arbeit des Ministerkomitees als auch der Parlamentarier-Versammlung teilzunehmen", heißt es in einer Erklärung der Minister.
Außerdem müsse es Moskau ermöglicht werden, für die nächste Plenartagung der Versammlung Ende Juni kurzfristig eine Delegation zu ernennen, erklärte die Ministerrunde. Bei dieser Sitzung stehen wichtige Entscheidungen an - vor allem die Wahl des neuen Generalsekretärs der Organisation als Nachfolger des Norwegers Thorbjörn Jagland. Der Kompromiss von Helsinki soll es der russischen Regierung ermöglichen, in die Parlamentarische Versammlung des Europarats mit vollem Stimmrecht zurückzukehren.
Als Reaktion auf die Annexion der ukrainischen Krim durch Moskau hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats Russland vor fünf Jahren das Stimmrecht und andere Rechte entzogen. Moskau hatte darauf mit einem Boykott der Versammlung reagiert. Im Juni 2017 stellte Russland zudem seine Beitrittszahlungen an den Europarat in Höhe von 33 Millionen Euro jährlich ein - das sind rund acht Prozent des Gesamthaushaltes des Europarats. Laut Satzung droht einem Land der Ausschluss, wenn es zwei Jahre lang keine Beiträge zahlt.
Maas will Moskau im Rat halten
An dem Treffen in Helsinki nahmen mehr als 30 Außenminister der 47 Europaratsländer sowie Botschafter teil. Deutschland war durch Außenminister Heiko Maas vertreten. Im Interview mit der Deutschen Welle begrüßte er die Entscheidung, dass Russland an der parlamentarischen Versammlung teilnehmen kann: "Das ist die Voraussetzung dafür, dass Russland auch zukünftig dem Europarat angehört", sagte Maas. "Wir haben uns außerdem auf einen Mechanismus verständigt, nachdem in Zukunft möglich sein soll, Mitglieder des Europarates zu sanktionieren, wenn sie gegen grundlegende rechtliche Vorschriften verstoßen."
Deutschland hatte sich bereits zum Auftakt des Treffens für einen Verbleib Russlands im Europarat stark gemacht. "Russland gehört in den Europarat - mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehören", hatte Maas gesagt. Ähnlich hatte sich kürzlich auch der französische Präsident Emmanuel Macron geäußert.
Gegen den Kompromissvorschlag stimmten nach Angaben aus dem Europarat die Vertreter der Ukraine, Georgiens und der drei baltischen Staaten. Der russische Außenminister Sergej Lawrow und der Vertreter Armeniens enthielten sich.
Russland machte inzwischen deutlich, dass es den Europarat nicht verlassen möchte. Das bekräftigte Außenminister Sergej Lawrow bei dem Treffen in Helsinki. "Wir lehnen unsere Verpflichtungen nicht ab, auch nicht die finanziellen." Russland sei daran interessiert, im Europarat "auf der Grundlage der Normen des Völkerrechts und der Ziele und Grundsätze der UN-Charta weiterzuarbeiten", heißt es in einer vom Ministerium veröffentlichten Abschrift von Lawrows Rede.
"Absolut gleichberechtigt"
Der Kreml unterstrich, dass eine langfristige Zusammenarbeit nur möglich sei, wenn es gleiche Bedingungen für alle Länder gäbe. "Russland ist daran interessiert, mit dem Europarat zusammenzuarbeiten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Sotschi. "Aber das kann nur geschehen, wenn Russland und die russische Delegation absolut gleichberechtigt sind und vollständig an der Arbeit teilnehmen können."
Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe begrüßte den Beschluss der Ministerkonferenz. Damit werde "eine Brücke für einen Verbleib Russlands im Europarat" gebaut, sagte Schwabe, der in der Parlamentarier-Versammlung des Europarats die sozialdemokratische Fraktion leitet. Dies stelle auch sicher, dass die mehr als 140 Millionen Russen weiterhin unter dem Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention bleiben. Russland müsse nun umgehend die ausstehenden Beiträge zahlen.
Europarat feiert 70. Geburtstag
Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat zur Aufgabe, über die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten zu wachen. Er agiert unabhängig von der EU. Die Parlamentarische Versammlung der Institution (PACE) kommt viermal im Jahr zusammen. Sie debattiert über gesellschaftliche Missstände, wählt die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und den Generalsekretär des Europarats.
In diesem Jahr wird der Europarat 70 Jahre alt. "Darauf können wir stolz sein", sagte Außenminister Maas. "Der Europarat ist eine Bastion des internationalen Rechts. Dass wir uns auf eine Menschenrechtskonvention geeinigt haben, die von Wladiwostok bis Lissabon gilt, ist eine einmalige Errungenschaft." Für viele Menschenrechtsverteidiger sei der Europarat oft die letzte Hoffnung.
kle/sti (dpa, afp)