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Gebühren für Qualität

Ronny Arnold18. April 2013

An der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig müssen Studierende aus Nicht-EU-Ländern ab dem kommenden Semester hohe Gebühren bezahlen. Nun wird im Bundesland Sachsen darüber diskutiert, ob das gut ist.

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HMT-Student Samuel Gitman mit Fagott (Foto: Gerhard Becker) Thema: Studiengebühren an der Leipziger HMT Aufnahme: April 2013
Samuel Gitmans großer Traum war es immer, in Leipzig zu studierenBild: Gerhard Becker

Als Samuel Gitman die unangenehme Nachricht erhält, ist er gerade in seiner Heimat Israel und erholt sich ein paar Tage von seinem stressigen Musikstudium in Deutschland. Der 23-Jährige will erst gar nicht glauben, was ihm seine Leipziger Hochschule da in einer einfachen E-Mail mitteilt. Studiengebühren soll er bezahlen, nicht irgendwann, sondern ab September. 1800 Euro pro Semester will die Hochschule für Musik und Theater, die HMT, von ihm haben. Bislang hat er einen Semesterbeitrag von 110 Euro bezahlt.   

Seit zwei Wochen ist er nun zurück in Deutschland und sitzt nachdenklich auf dem kleinen Hocker im Probenraum der HMT. "Es war immer ein großer Traum für mich, hier zu studieren", erzählt der Israeli, während er sein Fagott zusammenschraubt und ein paar kurze Stücke anspielt. Entspannt zu üben falle ihm momentan schwer. "Mein erster Gedanke war: Ich muss mein Studium abbrechen. Ich weiß nicht, was ich jetzt mache und woher das Geld kommt."

Unsicherheit, das Studium fortzusetzen

900 Studierende hat die HMT, neben Samuel Gitman müssen etwa 120 bereits eingeschriebene ausländische Studierende die neuen Gebühren bezahlen. Es trifft allerdings nur diejenigen, die nicht aus einem EU-Land kommen, so steht es in der neuen Gebührenordnung. Seitdem die Nachricht von den 1800 Euro in der Welt ist, kommen vor allem Kommilitonen aus ärmeren Ländern zu Johanna Schreiber vom Studentinnenrat und fragen nach, was sie tun sollen. "Aus Armenien und Weißrussland haben einige nachgefragt, nur von den asiatischen Studierenden habe ich bislang wenig gehört", erzählt die 20-Jährige.  

Johanna Schreiber vom Studentinnenrat der HMT (Foto: DW/Ronny Arnold) Thema: Studiengebühren an der Leipziger HMT Aufnahme: April 2013
Johanna Schreiber vom Studentinnenrat der HMTBild: Ronny Arnold

Robert Ehrlich, der Rektor der Leipziger Hochschule, kann die verunsicherten Studierenden verstehen. Er versucht zu beruhigen und erklärt, dass ein Teil von ihnen in jedem Fall von einem Stipendium profitieren werde, welches die Hochschule anbieten muss. So steht es im neuen Hochschulfreiheitsgesetz des Bundeslandes Sachsen, das die Gebühren erst möglich macht. "Etwa 25 Prozent der Studierenden wird Schwierigkeiten haben, die Gebühren zu zahlen", schätzt der Rektor. Deshalb werde man ein Viertel der Gebühren als Stipendium an jene Studierenden geben, die sich den finanziellen Aufwand nicht leisten können. Im Moment sei allerdings noch unklar, unter welchen Umständen überhaupt ein Stipendium vergeben werde, wer es bekommen könne und wie die Studierenden nachweisen sollten, dass sie bedürftig seien, meint Johanna Schreiber. 

Konzert an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater (Foto: Siegfried Duryn) Thema: Studiengebühren an der Leipziger HMT Aufnahme: April 2013
Die Studienplätze an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater sind sehr begehrtBild: Siegfried Duryn

Andere Unis noch nicht betroffen

Seit Januar steht es sächsischen Hochschulen frei, Gebühren von Nicht-EU-Studierenden zu nehmen und auch, ab wann. Die Universitäten im Freistaat denken derzeit nicht darüber nach. Schließlich wolle man niemanden abschrecken und setzte auf Internationalität, heißt es etwa aus Rektoratskreisen der Universität Leipzig. An der HMT gehe es jedoch nicht mehr anders. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", so Robert Ehrlich. Der Freistaat Sachsen zahle ihm kein zusätzliches Geld für Dozenten, diese aber würden höhere Honorare fordern. Seit über zehn Jahren hätten sich die Honorarsätze der Lehrbeauftragten im realen Wert kaum erhöht. "Die Hochschule zahlt zurzeit vielen sehr erfahrenen Kolleginnen und Kollegen 23 Euro pro Stunde." Das sei zu wenig, erklärt der Rektor. "Wir merken auch, dass unsere Lehrbeauftragten anfangen abzuwandern."

Höhere Gebühren für mehr Qualität

Die Qualität der Ausbildung steht auf dem Spiel, deshalb kommen die Gebühren schnell und auch für diejenigen, die bereits eingeschrieben sind. Dass es nur die Nicht-EU-Studierenden trifft, ist für Robert Ehrlich konsequent. "Es ist eine andere Situation, ob ein Student zu uns kommt, der als Staatsbürger eines EU-Landes von Geburt an durch die Steuern seiner Eltern zum Sozialsystem beigetragen hat." Was seine Hochschule ebenso wenig könne wie die Bundesrepublik Deutschland sei, zukünftig alle teilhaben zu lassen.

Robert Ehrlich, Rektor der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig (Foto: Gert Mothes) Thema: Studiengebühren an der Leipziger HMT Aufnahme: April 2013
Rektor Ehrlich: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand."Bild: Gert Mothes

Abschreckung wird nicht befürchtet

Abschreckend auf künftige Studierende dürfte die neue Gebühr kaum wirken. Kunsthochschulen sind in Deutschland ein Spezialfall, sie haben in der Regel viel mehr Bewerber, als sie aufnehmen können. An der Leipziger HMT etwa kommen auf einen zu vergebenden Platz über zehn Interessenten. Gerade laufen die Anträge für das kommende Semester, ein Rückgang sei nicht zu erkennen, so der Rektor, auch nicht aus dem Ausland. Samuel Gitman hofft nun, dass er schnell erfährt, ob ein Stipendium möglich ist oder nicht. Zwei Jahre will er noch in Leipzig studieren und sein Studium hier in Sachsen abschließen. "Ohne Stipendium kann ich das nicht. Meine Eltern können die Gebühren nicht bezahlen, ich kann es auch nicht." Seine Hand greift nach dem Fagott. Gitman stimmt ein Musikstück an. Tiefe Bässe und ein paar langgezogene hohe Töne durchschneiden den Raum. Es klingt traurig, was er da spielt.