Haiti beendet Suche nach Überlebenden
23. Januar 2010Die Phase der Rettungen und Bergungen sei nun offiziell vorüber, teilte das UN-Büro für die Nothilfekoordination (OCHA) am Samstag (23.01.2010) in Genf mit. Demnach wurden bei den Suchaktionen nach dem verheerenden Erdstoß vom 12. Januar insgesamt 132 Menschen von internationalen Rettungsteams lebend aus den Trümmern geborgen.
Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass inmitten des noch immer herrschenden Chaos das wirtschaftliche Leben weiter in Gang kommt. Nachdem am Freitag erste Lebensmittelgeschäfte öffneten, sollten am Samstag die Banken folgen. Gleichwohl kann von Normalisierung noch lange keine Rede sein. Hunderttausende Menschen sind noch immer ohne Obdach, es mangelt an Essen und sauberem Wasser, die internationalen Hilfsmaßnahmen gestalten sich weiter äußerst schwierig.
Komplexester UN-Hilfseinsatz aller Zeiten
Hilfsorganisationen schätzen, dass ein Drittel der neun Millionen Haitianer dringend und auch für längere Zeit Unterstützung benötigen dürfte. "Wir können das hier 24 Stunden am Tag die nächsten sechs Monate tun - und es würde trotzdem nicht reichen", sagte ein US-Soldat, der Lebensmittelrationen an Bedürftige verteilte.
Wie die Chefin des Welternährungsprogramms WFP, Josette Sheeran, am Samstag mitteilte, handelt es sich um den "komplexesten" Hilfseinsatz in der Geschichte der Organisation. Die Lebensmittelhilfe habe die ersten Überlebenden erst nach 24 Stunden erreicht, dann habe sie aber Tag für Tag zugenommen. Nach 1,2 Millionen Hilfspaketen am Donnerstag sei am Freitag der bisherige Höchststand von zwei Millionen Rationen erreicht worden.
"Hope for Haiti Now" - Benefizgala der Superlative
Internationale Topstars haben in der Nacht zum Samstag in einer zweistündigen Show Spenden für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Haiti gesammelt. Aus New York, London, Los Angeles und Haiti selbst wurde das Mega-Event unter dem Motto "Hope for Haiti Now" per Fernsehen und Internet in alle Welt übertragen.
"Die Menschen in Haiti brauchen unsere Hilfe", sagte der US-Schauspieler George Clooney, der die Veranstaltung mitorganisiert hat. "Sie sollen wissen, dass sie nicht alleine sind. Sie sollen wissen, dass wir uns ums sie kümmern." Das Staraufgebot reichte von Alicia Keys über Madonna, Christina Aguilera, Stevie Wonder und Justin Timberlake bis zu Bruce Springsteen. Auf Publikum verzichteten die Organisatoren bewusst - kein Applaus begleitete die Auftritte der Musiker.
Emotionaler Appell von Wyclef Jean
Julia Roberts, Halle Berry, Denzel Washington und viele andere baten die Zuschauer um großzügige Spenden. Wer daraufhin zum Telefon griff, hatte möglicherweise Robert De Niro, Mel Gibson, Reese Witherspoon, Jennifer Aniston, Russell Simmons, Cameron Diaz oder Leonardo DiCaprio am Apparat. Letzterer hatte am Donnerstag eine Million Dollar für den Clinton-Bush-Haiti-Fonds versprochen - neben UNICEF, dem Roten Kreuz und dem UN-Welternährungsprogramm eine der Organisationen, denen der Erlös der Benefiz-Gala zugute kommen soll.
Einen der persönlichsten Appelle machte der aus Haiti stammende Musiker Wyclef Jean, der von seinen Erlebnissen im Katastrophengebiet erzählte. "Ich habe die Leichen meiner Landsleute auf den Friedhof getragen. Sie hätten laufen sollen. Stattdessen wogen sie schwer in meinen Armen", sagte der 37-Jährige. "Gerade jetzt können wir sehen, dass eine zweite Katastrophenwelle heranrollt. Wir sollten sicherstellen, dass diese zweite Welle Haiti nie erreicht", sagte Jean, der sich auch auf Kreolisch direkt an seine Landsleute wandte. Mit einer haitianischen Flagge um den Hals sang Jean das Lied "Rivers of Babylon" und rief aus: "Lasst uns Haiti wiederaufbauen!"
Deutsche Rettungsspezialisten zurückgekehrt
31 deutsche Katastrophen-Helfer sind am Samstag von ihrem Rettungseinsatz im Erdbebengebiet zurückgekehrt. Mit einer Linienmaschine aus der Dominikanischen Republik landeten sie auf dem Frankfurter Flughafen. Die Rettungsspezialisten verschiedener Feuerwehren und Hilfsorganisationen hatten eine Woche lang mit Hunden und Sonden nach Verschütteten gesucht.
"Wir konnten aber leider keine Überlebenden mehr orten", sagte Einsatzleiterin Daniela Lesmeister. Doch die Helfer behandelten unter dem Schutz von bewaffneten UN-Soldaten etwa 700 Verletzte. "Wir mussten viele Amputationen vornehmen, um Leben zu retten", sagte der medizinische Leiter des Teams, Thomas Laackmann. Der Einsatz war von der deutschen Sektion der Hilfsorganisation I.S.A.R. ausgegangen, die auf Suche und Rettung Verschütteter spezialisiert ist.
Autorin: Julia Elvers-Guyot (apn, afp, dpa)
Redaktion: Eleonore Uhlich