Hamburger SV - der Bundesliga-Dino
Der Hamburger SV ist seit Gründung der Bundesliga nie abgestiegen. Jetzt droht der historische Absturz in die Zweitklassigkeit. Die Hamburger blicken auf eine bewegte Geschichte mit vielen Erfolgen in der 1. Liga zurück.
Der HSV rettet sich in die Relegation
Das war knapp: Dank eines 2:0-Sieges am letzten Spieltag schafft es der Hamburger SV noch von einem Abstiegsplatz in die Relegation. Dort konnte der Traditionsklub bereits im Vorjahr den Abstieg abwenden - gelingt das auch in dieser Saison gegen den Karlsruher SC?
Bodenständiger Superstar
Als die Bundesliga startet, ist Uwe Seeler schon 26 Jahre alt. Dennoch schafft es "Uns Uwe", in den folgenden neun Jahren auf die vorderen Plätze der Rekordlisten des HSV und der Bundesliga. In 239 Bundesligapartien erzielt er 137 Tore. Seeler ist Kult beim HSV, bleibt aber stets bescheiden und bodenständig. In der 90er Jahren übernimmt er für einige Zeit auch das Präsidentenamt beim HSV.
Durchwachsener Anfang
Zwar haben die Hamburger mit Seeler und Gert "Charly" Dörfel in den 60er und Anfang der 70er Jahre ein geniales Angriffsduo, doch bleiben die sportlichen Erfolge aus. Nicht höher als Platz fünf und nicht schlechter als Rang 14 stehen die Hamburger damals zum Saisonende. 1972 beendet Seeler seine Karriere und macht neuen Helden Platz.
Eine Maus aus England
Einer von ihnen ist "Mighty Mouse" Kevin Keegan, der 1977 in Hamburg anheuert. Der Weltstar aus England ist den Hamburgern die damalige Bundesliga-Rekord-Ablöse von 2,3 Millionen D-Mark wert. Allerdings kann Keegan die Erwartungen zuerst nicht erfüllen. In seiner zweiten HSV-Saison findet er aber seine Form aus Liverpooler Zeiten wieder und der HSV wird deutscher Meister.
Goldene Jahre
Mit dem Meistertitel von 1979 fängt die erfolgreichste Ära des HSV an. 1982 und 1983 feiert der HSV zwei Titel hintereinander und anschließend den größten Erfolg seiner Klubgeschichte: Im Finale von Athen hämmert Felix Magath den Ball per Weitschuss zum entscheidenden 1:0 gegen Juventus Turin ins Netz und macht den HSV zum Europapokalsieger der Landesmeister.
Der "Grantler"
Auf der Bank des HSV sitzt an diesem denkwürdigen Abend der österreichische Kulttrainer Ernst Happel, der von 1981 bis 1987 für die sportlichen Geschicke der Hamburger verantwortlich ist. Happel ist berühmt für seine mitunter unglaublich schlechte Laune. Manchmal schweigt er seine Spieler in der Halbzeitpause nur an, auch im Umgang mit Journalisten mimt der gebürtige Wiener gerne den "Grantler".
Meister der Bananenflanke
Ein weiteres Gesicht der goldenen Ära des HSV und einer der erfolgreichsten HSV-Spieler aller Zeiten ist Manfred Kaltz. Berühmt ist er vor allem für seine "Bananenflanken", die er besonders gerne auf die Stirn von "Kopfballungeheuer" Horst Hrubesch zirkelt. Kaltz absolviert zwischen 1971 und 1991 insgesamt 581 Bundesligaspiele für den HSV. 53 seiner insgesamt 76 Tore erzielte er per Strafstoß.
Der Mann im Hintergrund
Während Happel auf der Bank und Kaltz und Co. auf dem Platz für Titel und Pokale sorgen, ist er der Mann, der in der zweiten Reihe die Fäden zieht: Günter Netzer steigt 1978 als Manager beim Hamburger SV ein und baut die erfolgreichste HSV-Mannschaft der Vereinsgeschichte zusammen. Bis 1986 bleibt er im Amt - mit ihm geht schließlich auch der sportliche Erfolg.
Letzter Titel
1987 gibt es für die Hamburger noch einmal einen Grund zum Jubeln. Der HSV gewinnt in Berlin gegen die Stuttgarter Kickers mit 3:1 und holt den DFB-Pokal. Es ist der bislang letzte Titel des HSV. Mit auf dem Platz und damals sogar Torschütze im Berliner Olympiastadion ist einer, der auch später noch eine Rolle beim HSV spielen wird: der heutige Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer (2.v.l.).
Gehobenes Mittelmaß
Es folgen anderthalb Jahrzehnte, in denen der HSV nur noch viermal den Europapokal erreicht. Dauerbrenner ist damals Harald "Lumpi" Spörl. Der Mittelfeldspieler absolviert zwischen 1987 und 2001 insgesamt 321 Ligaspiele für den HSV und schießt 60 Tore. Gut, aber nicht gut genug für Titel oder eine Berufung in die Nationalelf. Spörl ist genau wie sein Club eben "nur" gehobenes Mittelmaß.
Beliebt und erfolgreich
Im Oktober 2004 übernimmt der von den Fans geachtete Hamburger Ex-Spieler Thomas Doll das Traineramt. Unter ihm verbessert sich das Team. In der Saison 2005/06 wird der HSV Dritter in der Bundesliga und schafft es anschließend über die Qualifikation in die Champions League. Als es aber wenige Monate später sportlich nicht mehr läuft, wird Doll vorzeitig entlassen.
Der Beckham aus Amsterdam
Glanz versprüht beim HSV ein kleiner Niederländer: Rafael van der Vaart kommt 2005 von Ajax Amsterdam und wirbelt drei Saisons lang im Hamburger Mittelfeld. Mit seiner damaligen Frau Sylvie ist van der Vaart so etwas wie der David Beckham von Hamburg. 2008 wechselt er zu Real Madrid. 2012 kommt er wieder - kann aber nicht ganz an seine früheren Leistungen anknüpfen.
Bremen, immer wieder Bremen
2008/09 tanzt der HSV lange Zeit auf drei Hochzeiten: Im Mai 2009 verspielt er aber sämtliche Chancen auf den ersten Titel seit 22 Jahren in vier aufeinanderfolgenden Spielen gegen den Erzrivalen Bremen. Hamburg zieht im Halbfinale des DFB-Pokals und des UEFA-Cups gegen Werder den Kürzeren und anschließend auch am 31. Spieltag in der Liga. Der HSV wird Fünfter.
Bisheriger Tiefpunkt
Die Saison 2013/14 ist die bisher schlechteste Spielzeit in der HSV-Historie. Mit Thorsten Fink, Rodolfo Cardoso, Bert van Marwijk und Mirko Slomka hat der HSV vier Trainer. Am Ende reicht es nur für den Relegationsplatz. Mit zwei Unentschieden gegen Greuther Fürth rettet sich der Bundesliga-Dino gerade so vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte.
Hamburg, meine Perle
Das gibt es nur in Hamburg: Vor jedem Heimspiel wird auf einer Hebebühne vor den Fans in der Nordkurve in mehreren Metern Höhe eine Art Livekonzert gegeben. Der Hamburger Sänger und beinharte HSV-Fan Lotto King Karl intoniert gemeinsam mit Kumpel Carsten Pape und unterstützt von tausenden Fans die Hymne "Hamburg, meine Perle".
Kult-Masseur
Ebenfalls einmalig: Der Hamburger SV ist der einzige Bundesligist, bei dem es einen Fanclub für den Masseur gab. Von 1978 an ist Hermann Rieger 26 Jahre lang in Hamburg tätig, bis ihn seine Krebserkrankung 2004 zum Rücktritt zwingt. Rieger ist beim HSV eine Institution, der Club veranstaltet sogar ein Abschiedsspiel für ihn. Im Februar 2014 stirbt Rieger, der HSV spielt mit Trauerflor.
Die Zeit läuft ab
Und auch das gibt es nur beim HSV: Die Bundesliga-Uhr, die die Sekunden zählt, in denen der HSV seit August 1963 Mitglied der Bundesliga ist. Bald könnte sie nach mehr als 51 Jahren für immer stehen bleiben.