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Politik

Hamilton jetzt ohne Hamilton-Denkmal

12. Juni 2020

Wie soll man mit historischen Denkmälern umgehen, die Persönlichkeiten zeigen, die Rassisten waren? In Neuseeland hat die Stadt Hamilton nun die Statue ihres Namensgebers, John Fane Charles Hamilton, entfernt.

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Indien Hamilton | Demontage der Statue von Captain John Fane Charles Hamilton | Protest Rassismus
Bild: Getty Images/AFP/M. Bradley

Seit sieben Jahren stand John Fane Charles Hamilton auf dem Stadtplatz der neuseeländischen Metropole Hamilton - bis jetzt. Nun hat ein Kran die Bronzeskulptur des ehemaligen britischen Militärkommandanten abtransportiert, nachdem Maori-Vertreter darum gebeten hatten. Der Stadtrat von Hamilton hatte die Statue als ein "Symbol für kulturelle Zwietracht und Unterdrückung" bezeichnet.

Eine kleine Gruppe von jubelnden Zuschauern schaute bei der Entfernung des Denkmals zu. Teilnehmer der Anti-Rassismus-Proteste hatten zuvor damit gedroht, die Statue am Wochenende zu stürzen. "Wir können nicht ignorieren, was überall auf der Welt geschieht, und das sollten wir auch nicht", sagte Bürgermeisterin Paula Southgate. In einer Zeit, in der versucht werde, Toleranz und Verständnis aufzubauen, helfe die Statue nicht, "diese Kluft zu überbrücken".

John Fane Charles Hamilton (1820-1864) war einst Marinekommandant, der gegen Neuseelands Ureinwohner kämpfte. Die Maori versuchten im 19. Jahrhundert, ihr Land gegen die britische Kolonialexpansion zu verteidigten. Er starb 1864 in der Schlacht von Pukehinahina, als eine Gruppe von Maori die britischen Truppen zurückdrängte.

Abtransport der Hamilton-Statue
Abtransport der Hamilton-Statue: "Symbol für kulturelle Zwietracht und Unterdrückung"Bild: Getty Images/AFP/M. Bradley

Die neuseeländische Stadt Hamilton reiht sich damit in eine wachsende Liste von Städten ein, die sich mit ihrer kolonialen Vergangenheit und deren Symbolen auseinandersetzen. Weltweit sind Diskussionen um umstrittene Statuen und Straßennamen in vollem Gange.

Aus für Kolumbus und Konföderierte

Zuvor war bereits unter anderem eine Statue von Christoph Kolumbus in Camden im US-Bundesstaat New Jersey niedergerissen worden. Die Stadt selber bezeichnete die Statue als ein "umstrittenes Symbol". Die Mehrheit der Einwohner Camdens sind Afroamerikaner. Auch in anderen Städten der USA waren im Rahmen der Proteste Kolumbus-Statuen umgeworfen oder abgebaut worden. So in Miami, Richmond, Virginia, St. Paul, Minnesota und Boston. Kolumbus war einer der ersten Europäer in der sogenannten Neuen Welt und wird häufig als Entdecker Amerikas bezeichnet. Historiker und Bürgerrechtler kritisieren ihn aber für sein gewalttätiges Verhalten gegenüber den Ureinwohnern Amerikas und dafür, entscheidend zum transatlantischen Sklavenhandel beigetragen zu haben.

Besonders im Fokus der US-Protestler stehen aber umstrittene Persönlichkeiten aus dem Bürgerkrieg von 1861 bis 1865, die für das System der Sklaverei stehen. So stießen Demonstranten eine Statue des Präsidenten der abtrünnigen Konföderierten Staaten von Amerika, Jefferson Davis, in Richmond, Virginia, vom Sockel. Die 18,5 Meter hohe Reiterstatue des Generals Robert E. Lee, der die Südstaaten-Truppen im Bürgerkrieg kommandiert hatte, bleibt allerdings noch stehen. Zwar hat der Gouverneur von Virginia, Ralph Northam, die Entfernung des Denkmals angeordnet, jedoch blockiert ein Richter die Aktion vorerst.

USA Statue Robert E. Lee in Richmond
Lee-Statue in Richmond: Demontage von Richter verhindertBild: picture-alliance/dpa/S. Helber

Aber auch in Europa zeigt sich der Unmut. Nach dem Sturz der Statue des Sklavenhändlers Edward Colston in der britischen Stadt Bristol fordern nun auch Demonstranten an der Universität von Oxford, dass die Statue von Cecil Rhodes, dem Premierminister der Kapkolonie im südlichen Afrika abgebaut wird. Rhodes hatte ein Vermögen mit Gold und Diamanten verdient, die meist von afrikanische Arbeitern unter brutalen Bedingungen in den Minen Südafrikas abgebaut wurden.

Pfadfindergründer in der Kritik

Auch die Statue des Pfadfinder-Gründers Robert Baden-Powell (1857-1941) ist im Visier des Protestes. Daher soll aus Sorge vor Beschädigung das Denkmal vorübergehend entfernt werden. Das teilte der Bezirksrat der südenglischen Gemeinden Bournemouth, Christchurch und Poole mit. Das Denkmal im Hafen von Poole stehe auf einer Liste möglicher Ziele von Rassismusgegnern, hieß es zur Begründung. Das Abräumen der Statue wurde wegen der soliden Verankerung jedoch bis auf Weiteres verschoben. Sie soll nun rund um die Uhr bewacht werden.

Baden-Powell war Ende des 19. Jahrhunderts als Offizier für das britische Empire im Krieg gegen die Buren im südlichen Afrika im Einsatz. Dort kam er auf die Idee, Kinder als Späher, Botschafter und Fährtenleser einzusetzen. Zurück in England entwickelte er daraus die Pfadfinderbewegung, die jungen Menschen bei Aktivitäten im Freien die Gelegenheit geben soll, selbst Verantwortung zu übernehmen. In Poole veranstaltete er 1907 das erste Pfadfinder-Lager. Die Bewegung hat weltweit viele Millionen Anhänger.
Dem Ex-Soldaten wird jedoch auch vorgeworfen, rassistische und homophobe Ansichten vertreten sowie freundschaftliche Beziehungen zu Vertretern der Hitlerjugend unterhalten zu haben. Zudem gibt es den Vorwurf, der Brite sei im heutigen Simbabwe an der unrechtmäßigen Hinrichtung von
Kriegsgefangenen beteiligt gewesen.

cgn/AR (afp, ap, dpa, rtr)