Industriemesse
19. April 2009Hannover, die Hauptstadt des Bundeslandes Niedersachsen, zeigt sich von seiner besten Seite: Strahlender Sonnenschein, milde Temperaturen, Frühlingstage wie aus dem Bilderbuch. Doch ob das die Stimmung auf dem riesigen Messegelände wirklich heben kann? Schließlich findet die Schau inmitten der tiefsten Krise statt, die die Weltwirtschaft seit über acht Jahrzehnten erlebt. Besonders die Industrie leidet – aber genau um diese Branche geht es hier in Hannover. Messe-Chef Wolfram von Fritsch hat über 4000 Neuigkeiten gezählt. Das bestärkt ihn in seinem Optimismus – und genau den erwarten alle, die hierher gekommen sind. "Die Industrie geht nicht in Deckung. Sie duckt sich nicht weg, sondern sie tritt an: Mit vielen Ideen, mit vielen Programmen, mit guten Themen und mit echtem Unternehmergeist", sagt der Vorstandschef der Deutschen Messe AG.
Stabile Ausstellerzahl
Natürlich gibt es in diesem Jahr besondere Erwartungen an die Hannover Messe. Man will sehen, was die Industrie dazu beitragen kann, zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen voran zu bringen und schneller aus der Krise wieder heraus zu kommen. Von Fritsch ist sich sicher: "Wir haben alles auf der Messe, um genau das zu zeigen."
Immerhin: Die Computermesse CeBIT, die vor sechs Wochen an gleicher Stelle stattfand, beklagte einen drastischen Schwund bei den Ausstellern. Die Industriemesse hingegen verzeichnet stabile Zahlen. Immerhin 6150 Aussteller aus 61 Ländern sind nach Hannover gekommen. Das macht Hoffnung, aber vielleicht auch: Man kommt, um sich gegenseitig Hoffnung zu machen. Denn gerade der Maschinenbau - die deutsche Vorzeigebranche - wird nach fünf Boomjahren heftig von der Krise gebeutelt: Im Februar halbierten sich die Aufträge im Vergleich zum Februar im Jahr davor. Dennoch sind die Firmen, die hier in Hannover ausstellen, optimistisch. Jürgen Brandes, Chef der Siemens-Sparte Antriebstechnik, verweist auf neue Wachstumsimpulse, die man gerade in der jetzigen konjunkturellen Phase braucht. "Denn Innovation ist der beste Hebel überhaupt in dieser Zeit, für Mitarbeiter und Kunden interessant zu sein und weltweit neue Absatzmöglichkeiten zu erschließen."
Krise als Messegast
Natürlich ist die Krise hier auf dem Messegelände in aller Munde. Auch am Stand des Mittelständlers Phoenix Contact. Die haben 10.000 Mitarbeiter weltweit – und viele von ihnen sind derzeit in Kurzarbeit. Dennoch stecke niemand den Kopf in den Sand, sagt Entwicklungschef Roland Bent. Man will vor allem die Stammbelegschaft bei der Stange halten. Denn das sind viele sehr gut ausgebildete Mitarbeiter für die Herstellung der High-Tech-Produkte. Von der Hannover Messe erwartet Brent wie viele andere auch positive Impulse, aber: "Ich habe auch keine Glaskugel und kann ihnen nicht sagen, wann diese Krise zu Ende sein wird. Aber wir versprechen uns von der Messe zumindest sehr viele fruchtbare Gespräche mit unseren Kunden, die jetzt auch die Zeit haben, darüber nachzudenken, neue Lösungen zu suchen und ihre eigenen Prozesse effektiver zu gestalten."
"Mit Innovation aus der Rezession"
Ganz ähnlich hört sich das am Stand der Firma Festo an. Die Schwaben sind ein weltweit führender Anbieter von Automatisierungstechnik mit über 300.000 Kunden rund um den Globus. Eine Vielzahl davon wird man in Hannover treffen, sagt Unternehmenssprecher Heinrich Frontzeck. Denn gerade jetzt müsse man sich über die Produkte nach der Krise Gedanken machen. "Bei uns steht das hier unter dem Motto: Mit Innovation aus der Rezession."
Das heißt aber auch: Gespräche ja, Aufträge nein. Für die deutschen Maschinenbauer beispielsweise wird die Messe zunächst nichts Zählbares bringen. Das Zittern geht weiter: Denn die entscheidende Frage wird sein: Wie lange hält die Krise an? Wann kommen wieder Aufträge herein? Antworten auf diese Fragen wird es auf der Hannover Messe nicht geben. Sicher aber viel unternehmerischen Optimismus.
Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Christian Walz