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"Havanna ist eigentlich immer eine Reise wert"

Oliver Samson4. Februar 2005

Havanna lädt zur 14. Buchmesse. Die Ausstellung wird in Kuba als riesiges Volkfest begangen - und ist eine komplizierte kulturpolitische Angelegenheit.

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Riesenandrang: Kinderbühne auf der Buchmesse Havanna 2004Bild: Buchmesse Havannah

Die Buchmesse in der Festung La Cabaña in Havanna ist nach der im mexikanischen Guadalajara die zweitgrößte in Lateinamerika. 100 Aussteller, davon etwa die Hälfte aus dem Ausland, werden in diesem Jahr 500 Verlage vertreten. Schwerpunktland ist Brasilien.

Jedes Jahr aufs Neue sind die Aussteller von der Begeisterung der Kubaner für die Messe angetan: Der Ansturm auf die Stände, Lesungen und Workshops zeigen einen großen Hunger auf internationale Literatur.

Die gesellschaftliche Situation Kubas macht aber selbst eine Buchmesse zu einer hochpolitischen Angelegenheit.

Wie zum Beispiel 2004: Deutschland war als Gastland geladen. Die Messe konnte mit 450.000 Besuchern einen neuen Besucherrekord aufstellen. Diese Erfolgsgeschichte hatte einen entscheidenden Schönheitsfehler - dass sie ohne offizielle deutsche Beteiligung zustande kam. Nach ursprünglicher Zusage blies die deutsche Regierung den Auftritt unter Hinweis auf die bedenkliche Menschenrechtssituation auf Kuba ab.

Buchmesse Havanna 2005
Plakat der Buchmesse Havanna 2005

Auch in 2005 wird Deutschland offiziell nicht vertreten sein. "Man muss ja nicht jedes Jahr dabei sein", sagt Holger Ehling, Sprecher der Veranstaltungs- und Messe GmbH (AuM) in Frankfurt am Main. Er räumt aber ein, dass die Absage auch als "kulturpolitische Symbolhandlung" zu verstehen sei. Die AuM legt als Tochtergesellschaft des Börsenvereins des deutschen Buchhandels die Messebeteiligungen im Ausland fest. Finanziert werden diese durch das Außenministerium.

Einknicken gegenüber den USA

Kuba-freundliche Gruppen wie "Cuba si" sehen in der Absage ein Einknicken der Bundesregierung angesichts der US-Blockade-Politik gegenüber dem sozialistischen Karibik-Staat. "Die Absage war eine Geste an die US-Regierung, um sich nach dem Irak-Krieg wieder anzudienen", meint Reinhard Thiele, Geschäftsführer des "Büro Buchmesse Havanna" - ein Projekt mehrerer deutscher Solidaritätsorganisationen für Kuba.

Das Büro sprang 2004 nach dem offiziellen Rückzieher in die Bresche und organisierte den Transport und die Standflächen auf der Buchmesse in Havanna. Trotz des offiziellen Boykotts wurde so kurioserweise die Rekordzahl von 35 ausstellenden deutschsprachigen Verlagen erreicht, darunter so renommierte wie Rowohlt und Klett.

"Einige der Verlage haben gerade aus politischen Gründen ausgestellt", meint Fiso Dejong, Marketing-Leiter von Klett International. Sein Verlag sei aber "aus purer Neugier auf den kubanischen Markt" dort gewesen. Auch Klett habe ein "enormes Interesse" an deutscher Literatur und Sprache festgestellt.

Klett wird in diesem Jahr wieder dabei sein, auch wenn direkt zählbarer Erfolg kaum zu erwarten sei. "Dafür ist die Kaufkraft auf Kuba einfach zu gering", meint Dejong.

Insgesamt werden trotz des erneuten Boykotts 24 deutschsprachige Verlage mit 1000 Buchtiteln in Havanna vertreten sein. Durchaus nicht nur mit "sozialistischen Erbauungsschriften": Ein Schwerpunkt liegt auf Kinderbüchern, die Niedersächsische Landesbibliothek zeigt eine Heine-Ausstellung und der Leipziger Universitätsverlag ist mit wissenschaftlicher Literatur über Lateinamerika vertreten.

Nach der Lockerung der Sanktionen

Dejong freut sich, dass sein Verlag in diesem Jahr "mit einem besseren Gefühl" in Havanna ausstellen kann: Am Montag (31.1.) lockerte die EU die Sanktionen gegen Kuba und nahm wieder diplomatische Beziehungen auf - entgegen dem Protest der USA.

Im nächsten Jahr könnte es dann sogar wieder etwas mit einer offiziellen deutschen Beteiligung werden. AuM-Sprecher Ehling will nicht ausschließen, dass das Außenministerium entsprechende Signale geben wird. "Havanna ist eigentlich immer eine Reise wert", sagt Ehling. Die Entscheidung darüber wird irgendwann im zweiten Halbjahr fallen. Auch bei der EU: Im Juli wird in Brüssel nochmals über die Situation auf Kuba beraten. Sollte sich herausstellen, dass sich die Menschenrechtslage verschlechtert hat, wird die EU die Lockerung der Sanktionen rückgängig machen.