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He - she - it: das "s" muss mit!

Svenja Üing

Deutschlands Grundschulen lernen dazu: Bei fast allen steht mittlerweile auch Englisch oder Französisch auf dem Stundenplan. Wenn da nicht der Mangel an Lehrkräften wäre.

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Ab der 3. Klasse lernen inzwischen die meisten Kinder eine FremdspracheBild: Svenja Ueing

Womit ist der Junge auf dem Arbeitsblatt beschäftigt? "He is doring?" Fast richtig. Gitta Greiff, Englischlehrerin und Schulleiterin der Grundschule Elfenhang in Wuppertal, bleibt geduldig, korrigiert zum soundsovielten Mal die noch unbeholfene Aussprache der Drittklässler: "Drawing!" ist das richtige Wort. An der Aussprache muss noch gefeilt werden.

Unterricht ohne Vokabeltests und Diktate

Phonetik hin oder her – den Acht- und Neunjährigen machen ihre ersten englischsprachigen Gehversuche riesigen Spaß. Montagsmorgens um acht Uhr stehen Orthographie und "Oxford Accent" hintan. Hauptsache sei, dass die 27 Grundschülerinnen und -schüler überhaupt mit der fremden Sprache in Berührung kommen, sagt Greiff – und zwar so früh wie möglich. In Nordrhein-Westfalen bedeutet das: ab der dritten Klasse.

Seit 2003 ist das Fach Englisch an den Grundschulen in Nordrhein-Westfalen Pflicht, und zwar flächendeckend – also an allen 3.500 Grundschulen des Landes. In allen 16 deutschen Bundesländern wird inzwischen die erste Fremdsprache schon in der Primarstufe unterrichtet. In der Regel beginnt der Fremdsprachenunterricht im dritten Grundschuljahr. Einzige Ausnahme bisher: Baden-Württemberg. Dort starten schon die Allerjüngsten in Klasse 1.

Englisch und Französisch am beliebtesten

Englisch steht in der Hitliste der Fremdsprachen ganz oben – dicht gefolgt von Französisch. Einige Länder bieten auch beide Sprachen an. Oder eine ganz andere, zum Beispiel Niederländisch. Gerade in den Grenzregionen ist das nahe liegend. Thüringen aber stellt alle in den Schatten: Dort können die Kinder wahlweise Englisch, Französisch, Russisch oder Italienisch lernen – che buono!

"Fremdsprachigkeit in der Grundschule muss zur Normalität werden", fordert auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Wolff. Die Erfahrungen anderer europäischer Länder zeigen, dass der frühe Beginn des Sprachenlernens den Erfolg geradezu garantiere, so Wolff. Mit der schrittweisen Einführung des Fremdsprachenunterrichts an Grundschulen stehe das deutsche Bildungssystem an einem Wendepunkt.

Aufs Hören und Sprechen kommt es an

Dass aller Anfang dabei gar nicht schwer sein muss, zeigt der Unterricht von Gitta Greiff. Die Mädchen und Jungen in ihrer Klasse singen Lieder, um spielerisch Zahlen und Farben lernen. An der Tafel, gleich neben der britischen Flagge, hängt ein großes Poster, dort sieht man Buntstifte, Scheren und Radiergummis auf buntem Hochglanzpapier. Den Bildern entsprechend müssen die Kinder zuordnen, was man damit macht: "cutting", "drawing", "rubbing out".

Die meisten Finger sind oben: Jedes Kind will nach vorn an die Tafel, um den Zettel mit dem englischen Verb an passender Stelle anzuheften. Kniffliger sind da die Kreuzworträtsel in englischer Sprache. Jetzt muss Greiff Tipps geben. Nur in Ausnahmefällen spricht die 49-Jährige dabei Deutsch, damit die Kinder von Beginn an ihr Hörverständnis schulen.

GEW: nicht genügend Fremdsprachenlehrer

Lange Zeit wurde versäumt, für den Fremdsprachenunterricht auch genügend Lehrkräfte auszubilden, kritisiert Martina Schmerr, Referentin im "Vorstandsbereich Schule" der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Durch Crash-Kurse und Umschulungen habe man innerhalb relativ kurzer Zeit zwar Abhilfe geschaffen, auch würden Muttersprachler ohne speziellere didaktische Ausbildung eingesetzt und Hauptschullehrer für den Primarbereich nachgeschult.

Doch auch anderthalb Jahre nach der flächendeckenden Einführung des Unterrichts fehlen in einigen Ländern immer noch Englischlehrer für die Grundschule. "Dabei braucht man doch gerade für die Kleinsten die besten Pädagogen", sagt Martina Schmerr. "Was man in den ersten Jahren versäumt, kann man später nur schwer wieder aufholen."

Bericht vom 30.11.2003