Held der Massen
16. April 2007Dabei ist der schiitische Prediger, Politiker und Milizenführer eigentlich zu jung, um als Held für die Massen zu dienen. Seine Anhänger setzten sein Alter daher künstlich hoch. Auch drückt der etwa 30-Jährige sich alles andere als gewandt aus, politisch konnte er anfangs auf keinerlei Erfahrungen zurückgreifen und theologisch verfügt er nur über eine abgebrochene Ausbildung. Und doch konnte er sich durchsetzen, wurde vom Rebell zum Politiker, dessen Bewegung zeitweilig an der Koalitionsregierung im Irak beteiligt war.
Sohn eines berühmten Vaters
Seinen Machtanspruch gründet Sadr vor allem auf seinen berühmten Namen. Er ist Spross einer angesehenen schiitischen Theologendynastie, deren Mitglieder ihre religiöse Tätigkeit unter der Herrschaft des sunnitischen, aber säkularen Präsidenten Saddam Hussein zum Teil mit dem Leben bezahlten. Sein Vater, Großayatollah Mohammed Sadek Sadr, wurde 1999 angeblich auf Anordnung der damaligen irakischen Regierung ermordet. Auch Sadrs Brüder Moamel und Mustafa starben. Seine Mutter, sein Bruder Mortada und er selbst standen unter Hausarrest.
Nach Angaben seiner Vertrauten war 1999 der Wendepunkt in Sadrs Leben. Der füllige junge Mann mit dem runden Gesicht und dem dunklen Bart trat in die Fußstapfen seines Vaters, dessen sozialem Engagement zu Ehren das schiitische Armenviertel von Bagdad, ehemals Saddam-City, seit dem Sturz Saddam Husseins Sadr-City heißt. Dort wird Sadek Sadr noch heute wie ein Heiliger verehrt - und davon profitiert nun sein Sohn.
Offene Hasstiraden
All das scheint seine Schwächen auszugleichen: Vertraute beschreiben den Prediger als dickköpfig und nervös, seine Redekunst erschöpft sich oft in simplen Parolen. Er spricht keine Fremdsprache. Zudem führt Sadr nicht einmal den Titel eines "Mudschtahid", der ihm die Auslegung des Koran oder der Überlieferungen von Äußerungen des Propheten Mohammed erlauben würde. Von den Ayatollahs wurde der junge Prediger daher lange Zeit nicht ernst genommen.
Doch während die Ayatollahs eher im Hintergrund auf Mäßigung dringen, lässt Sadr offen Hasstiraden gegen die US-Besatzer los, die auf fruchtbaren Boden fallen. Besonders sein Kampf um die für Schiiten so wichtige Imam-Ali-Moschee und den Friedhof in der heiligen Schiitenstadt Nadschaf ließen den jungen Radikalen zum Held der Massen aufsteigen. In den Slums von Bagdad, den heiligen Schiiten-Städten Nadschaf, Kerbela und Kufa sowie in Basra kann er sich seitdem auf eine mehrere tausend Mann starke Anhängerschaft stützen.
Aufenthaltsort unbekannt
Diese Unterstützung der Massen ist die eindeutige Stärke Sadrs. Und weil er seine Anhänger zwar über die Listen anderer Parteien in Parlament und Regierung sitzen hat, er selbst aber kein Amt inne hat, kann er ungebremst sagen, was er will. Denn alle anderen in Regierung und Parlament, ist er sich nach Aussagen eines Vertrauten sicher, "unterliegen starkem Druck von außen und können nicht offen sprechen".
Wo sich Moktada al Sadr gerade aufhält, ist nie wirklich bekannt. Immer wieder besucht er das Nachbarland Iran. Eine "völlig normale Sache", betont die Regierung in Bagdad immer wieder. Doch nach Informationen britischer Zeitungen sei er - wie mehrer Führer aus Sadrs Mehdi-Armee - im Iran, um sich vor einer Großoffensive der US-Truppen in Bagdad in Sicherheit zu bringen. Das US-Verteidigungsministerium hält die Mehdi-Armee für die gefährlichste Miliz im Irak, sie soll hunderte sunnitische Zivilisten ermordet haben. (wga)