Helge Braun - der Generalist
12. März 2018Helge wer?, fragten viele, als der Name zum ersten Mal fiel. Dabei arbeitet der 45-jährige CDU-Mann schon jahrelang im Regierungsapparat mit, allerdings im Hintergrund. Im zweiten Kabinett Merkel war Braun parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. In ihrem dritten Kabinett holte ihn Merkel 2013 als Staatsminister bei der Bundeskanzlerin bereits in ihren engeren Zirkel ins Kanzleramt. Verantwortlich war Helge Braun da vor allem für die Bund-Länder-Beziehungen. In seinen Verantwortungsbereich fiel auch die Flüchtlingskrise. Dort scheint sich Braun in den Augen Merkels besonders bewährt zu haben.
Er weiß aber auch, wie umstritten Merkels Politik damals war und weiterhin ist. "Ich glaube, viele, die bei der Bundestagswahl die AfD gewählt haben, waren mit der Flüchtlingspolitik unzufrieden", gesteht Helge Braun im Deutsche-Welle-Interview ein. Die Regierung wolle aber gerade in diesem Bereich "Probleme lösen und dadurch diese AfD-Wähler zurückholen".
Helge Braun ist auf Umwegen in die Berliner Politik gekommen. Zwar trat er schon mit 17 in seiner hessischen Heimat in die Junge Union, die Jugendorganisation der CDU, ein, und engagierte sich politisch auf lokaler Ebene. Doch Braun studierte erst einmal Medizin und wurde Anästhesist. Zwischen beiden Bereichen sieht er Parallelen: "Egal was: Die Leute, die sehr schnell nervös werden - das gilt bei einer politische Herausforderung wie bei einer Situation im OP - das führt zu schlechteren Entscheidungen." Selbstredend sieht er sich selbst als ruhig, andere bestätigen das auch. Mit seinem Hintergrund hätte er vielleicht auch Gesundheits- oder Forschungsminister werden können. Doch an seiner neuen Aufgabe reizte ihn besonders, dass er sich mit praktisch jedem Thema des Regierungshandelns beschäftigen muss. "Deshalb ist die neue Position als Chef des Bundeskanzleramtes meine Wunschaufgabe", sagte er dem "Gießener Anzeiger", der Zeitung seiner Heimatstadt.
Vom Hintergrund ins Rampenlicht
Die stille Arbeit im Hintergrund geht für ihn jetzt definitiv zu Ende. Der Kanzleramtsminister ist eine besonders exponierte Person, die die gesamte Regierungsarbeit koordiniert, sich ständig mit den übrigen Ministern, mit dem Bundestag und den Ländern austauscht und eine Behörde mit etwa 600 Mitarbeitern führt. Was Helge Braun als Kanzleramtsminister besonders braucht, ist daher die Fähigkeit zu vermitteln, Kompromisse zu finden, Streit zu schlichten. Diese Eigenschaften scheint er zur Genüge mitzubringen. Er wird als freundlich, sachorientiert und pragmatisch bezeichnet - keiner, der sich eitel in den Vordergrund spielt. Helge Braun scheint darin seiner Chefin recht ähnlich zu sein.
Braun soll Merkel vor allem in Koalitionsverhandlungen positiv aufgefallen sein. Zusammen mit Dorothee Bär von der CSU leitete er die Arbeitsgruppe Digitales. Die Digitalisierung ist auch in Zukunft eines seiner Schwerpunktgebiete. "Wir müssen Glasfaserkabel überall im Land verlegen. Dafür wollen wir in dieser Legislaturperiode zehn bis zwölf Milliarden Euro ausgeben, soviel wie nie zuvor", sagt Braun der Deutschen Welle.
Der 45-jährige Helge Braun senkt den Altersdurchschnitt des Kabinetts. Der liegt jetzt bei knapp über 51 Jahren. Und er sorgt mit dafür, dass die CDU-Ministerriege deutlich katholischer wird als die letzte. War bisher Brauns Amtsvorgänger Peter Altmaier der einzige Katholik unter Protestanten gewesen, ist jetzt die evangelische Pfarrerstochter Angela Merkel zusammen mit der Mitprotestantin Ursula von der Leyen von lauter römisch-katholischen Unions-Kabinettskollegen umgeben.
Und was macht der künftige Kanzleramtsminister, wenn er sich mal nicht mit der hohen Regierungspolitik beschäftigen muss? Als Hobbys geben Helge Braun und seine Frau Katja auf seiner Webseite an, dass sie gern gemeinsam gärtnern, Freunde treffen und auf dem Wochenmarkt einkaufen.