Henri Junghänel - Realist mit Gewehr
12. August 2016Henri Junghänel präsentierte stolz sein Olympia-Gold in Rio, Papa Reinhart und Mama Regina hatten Tränen in den Augen nach dem Triumph des Sohnes mit dem Gewehr. "Er ist so zielstrebig, die Ziele, die er sich setzt, schafft er auch", sagte die stolze Mutter. "Er hat Maschinenbau mit 1 abgeschlossen, was er anpackt, wird zu Gold", meinte der Vater mit einem Lächeln.
Und genauso ist der 28-Jährige auch, entsprechend wird ihm sein Erfolg in Rio de Janeiro auch nicht zu Kopf steigen. Eigentlich könnte er sich viel darauf einbilden, auf sein Olympia-Gold im Liegendwettbewerb mit dem Kleinkalibergewehr - dazu noch mit dem olympischen Rekord von 209,5 Punkten. Doch der Olympia-Debütant aus Darmstadt ist nach seinem ersehnten Sieg weit entfernt davon.
Explosion in den USA
Der gebürtige Leipziger, der für den SV Rai-Breitenbach startet, machte zum ersten Mal bei den Juniorenweltmeisterschaften 2008 als Zweiter mit dem Luftgewehr von sich reden, im Kleinkaliber-Dreistellungskampf war er Vierter. Bei den Weltmeisterschaften 2010 trat er mit der Mannschaft im Kleinkaliber-Liegend-Wettbewerb an und belegte den achten Platz. 2011 war er Fünfter im Liegend-Wettbewerb bei den Europameisterschaften in Belgrad, mit der Mannschaft erhielt er die Silbermedaille.
Eine richtige Leistungsexplosion gab es für Junghänel erst, als der Hesse in die USA ging. Er studierte in Kentucky Maschinenbau, bekam ein Stipendium dank seines Könnens, was er im Collegeteam regelmäßig bewies. "Der Schießstand lag auf dem Collegegelände, man konnte jederzeit trainieren", betonte der "Weltschütze von 2013". Nach seinem Bachelorabschluss kehrte er nach Deutschland zurück, um in Darmstadt und Berlin seinen Master zu machen. Seinen größten Erfolg erkämpfte sich Junghänel bei den Europaspielen 2015 in Baku als er den Liegend-Wettbewerb gewann - und nun ist er Olympiasieger.
Leidenschaft und Realitätssinn
Vor den Spielen in Rio schrieb Junghänel auf seiner Homepage: "Mein Ziel ist klar eine erfolgreiche Teilnahme in Rio 2016." Allerdings sei für ihn Olympia allein nicht das Wichtigste, sondern das Ziel besser zu werden, der Ehrgeiz sich fünf bis sechsmal die Woche für mehrere Stunden an den Stand zu stellen und sich zu sagen "Heute will ich". Er wolle "Leidenschaft für den Sport zu zeigen". Mit der Goldmedaille um den Hals, darf sich Junghänel nun sagen, alles richtig gemacht zu haben.
Doch seine Gedanken gingen schon vor Rio weiter, und er formulierte: "Nichts desto trotz ist es mindestens genauso wichtig meine berufliche Zukunft zu sichern." Wie man sich sicherlich denken könne, sei Sportschießen der falsche Sport um als Vollprofi über die Runden zu kommen. "Somit gilt es neben dem Sport jede Woche 30-40 Stunden für mein Masterstudium zu investieren und bis zum Frühjahr 2016 zu beenden."Auch dieses Ziel erreichte Junghänel.
So überrascht es auch nicht, dass der neue Gewehr-Olympiasieger nun ein Karriere-Ende erwägt: "Ich muss überlegen, ob das nicht vielleicht sogar der Schlusspunkt ist", sagte er nach der Siegerehrung in Rio. "Ich mache jetzt ein Jahr Pause und gehe auf Jobsuche. Mit Sport kann man kein Geld verdienen. Da ist das Ingenieurwesen durchaus lukrativer." Henri Junghänel wir seinen Weg gehen. "Er ist so zielstrebig, die Ziele, die er sich setzt, schafft er auch", sagte eben noch Mutter Regina - und die muss es ja wissen.