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Herausforderung Englisch als Unternehmenssprache

Sonja Lindenberg11. Dezember 2005

Englisch als Konzernsprache spart Kosten für Dolmetscher und Übersetzungen. Viele Mitarbeiter hingegen fürchten um ihre Karrierechancen. Die Wahl der Sprache ist aber auch eine Frage der Unternehmenskultur.

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Mehrsprachigkeit in Unternehmen: <br>Chance oder Problem?

Die Welt spricht Englisch. Besser gesagt: die Wirtschaftswelt. Als die Bertelsmann AG 1999 immer mehr englische Bücher herausgegeben hat, hat der Verlag Englisch zu seiner offiziellen Konzernsprache gemacht. Weitere Verlage folgten. Ähnlich ist es auch im Bankenwesen: Die Fusion der HypoVereinsbank mit der italienischen Großbank Unicredito im November 2005 führte auch dazu, das dort, wo ehemals Deutsch und Italienisch gesprochen wurde, jetzt Englisch die offizielle Verkehrssprache ist.

Mehrsprachigkeit ist teuer

Fusionen, Übernahmen oder weltweite Geschäftsinteressen führen dazu, dass in immer mehr Firmen nur noch eine offizielle Sprache benutzt wird - meistens Englisch. Der Grund: Mehrsprachigkeit ist teuer. Bei mündlichen Verhandlungen sind Dolmetscher nötig, bei schriftlicher Kommunikation Übersetzer. "Das wird sehr schnell unwirtschaftlich", sagt Jürgen Hausschildt, Wirtschaftssprachen-Experte und ehemaliger Betriebswirtschafts-Professor an der Uni Kiel. "Und trotz Übersetzungen kommt es immer wieder zu Missverständnissen", weiß Hausschildt. Das gelte besonders für den firmeninternen Sprachgebrauch. "Solche Ausdrücke sind schwierig zu übersetzen."

Sprachkultur und Unternehmensimage

Handy Produktion von Siemens in Brasilien
Siemens-Werk in Brasilien: Die Mitarbeiter benutzen auch ihre Landessprache - das hat auch Image-GründeBild: Siemens

Mit einer einheitlichen Sprachregelung können solche Probleme aber verhindert und Kosten reduziert werden. Die Sprachenpolitik könne dabei variieren, sagt Hausschildt. "In Unternehmen aus kleinen Ländern wie Norwegen, Dänemark oder Holland wird oft nur noch Englisch gesprochen. Die haben sich von ihrer Heimatsprache ganz verabschiedet." In den meisten Unternehmen herrsche aber eine Zweisprachenkultur.

Ein Beispiel für eine doppelte Sprachkultur ist die Deutsche Bank. Internationale Fragen werden auf Englisch geregelt, deutsche weiterhin auf Deutsch. Ähnlich ist es auch bei Siemens. Hier werde aber in den weltweiten Zweigstellen die jeweilige Landessprache gesprochen, sagt Siemens-Sprecher Georg Haux. Damit bekommt das Unternehmen auch ein anderes Image: "Siemens ist zwar ein globales Unternehmen, wird aber in Amerika als amerikanisch wahrgenommen, in Indien als indisch und in Frankreich als französisch", meint Haux.

Ängste der Angestellten

Was sich für die Unternehmen wirtschaftlich rechnet, löst bei den Mitarbeitern oft Ängste aus - vor allem in der Führungsetage. "Muttersprachler werden bei der Vergabe von Leitungsposten in den meisten Fällen bevorzugt", sagt Hausschildt. Das gelte selbst dann, wenn ein anderer Mitarbeiter eine bessere fachliche Qualifikation aufweise, seine Sprachkenntnisse aber geringer seien. Hausschildt: "Die fachlichen Kenntnisse werden dann oft hinter den Sprachkenntnissen vermutet."

Viele Mitarbeiter fühlen sich zudem in ihren Fähigkeiten eingeschränkt. Besitzen sie in ihrer Muttersprache einen großen Wortschatz und können sich stilsicher ausdrücken, verlieren sie diese Soft-Skills in einer Fremdsprache, erklärt der BWL-Professor. "Für viele Führungskräfte ist das eine ganz schreckliche Situation."

Ausweg: einfaches Englisch

Deutsche Bank in Polen
Deutsche Bank in Polen: Anweisungen des Stammhauses erhält die Filiale in EnglischBild: Transit Archiv

Anfänglich sei die Umstellung einer Konzernsprache aber auch für die Unternehmen mit einem größeren Zeitaufwand verbunden. "Sitzungen dauern oft länger, weil immer alles wiederholt werden muss, damit man sicher ist: Alle haben es verstanden", weiß der Experte.

Um die Sprachkenntnisse zu fördern, greifen einige Unternehmen auf die Einführung von einfachem Englisch, so genanntem Basic-Englisch, zurück. Dabei komme man mit einem Grundwortschatz von 400 bis 800 Wörtern aus, sagt Hausschildt. In vielen Unternehmen sei eine solche Sprachkenntnis Pflicht. "Damit kann sich dann auch der Monteur im Ausland verständigen".