Hieronymus Bosch - Heimkehr des rätselhaften Malers
9. Februar 2016Fliegende Fische ziehen dickbäuchige Boote über den Fluss Dieze. Am Ufer fletscht ein gehörntes Wesen die Zähne, sein langer Schwanz kringelt sich um den Hals. Die niederländische Stadt 's-Hertogenbosch hat sich für ein ganz besonderes Fest-Jahr herausgeputzt.
"Eine Zeitreise" verspricht Justine de Jong von der Organisation "bosch500" den Besuchern. Mehr als 90 Aktivitäten, 13 Ausstellungen, Theater, Tanz, eine "Himmel- und Höllen-Fahrt" auf dem Fluss Dieze, abendliche Licht- und Musikspektakel, ja sogar ein Requiem wird es geben.
Vor allem aber werden die wundersamen Wesen, für die Bosch so berühmt ist, die mittelalterlichen Gassen, Plätze und Parks beleben. Monster, Fabelwesen und Engel ziehen ein in den Wald des Herzogs, wie 's-Hertogenbosch wörtlich übersetzt heißt.
Heimkehr seiner Bilder
Alle seine Meisterwerke schuf der Maler in 's-Hertogenbosch. Etwa 45 gibt es noch, und sie sind heute im Besitz von 18 Sammlungen in zehn Ländern. Doch keines – es ist kaum vorstellbar – ist noch in seiner Heimatstadt. "Doch jetzt kommen viele nach Hause", sagt Charles de Mooij, der Direktor des Noordbrabants Museum in 's-Hertogenbosch. Etwa 20 Gemälde und 19 Zeichnungen sind ab 13. Februar dort zu sehen. "Hieronymus Bosch - Visionen eines Genies" ist die bisher größte Bosch-Ausstellung.
Direktor de Mooij ist froh und stolz. Denn dass ausgerechnet sein Museum in der 140.000 Einwohner-Stadt diese spektakuläre Ausstellung zeigen kann, ist fast schon ein kleines Wunder. Warum sollten die großen Museen auch ihre kostbaren Juwelen auf die Reise in die süd-niederländische Provinz Nordbrabant schicken? "Der Heuwagen" aus dem Prado in Madrid etwa oder "Das Narrenschiff" aus dem Louvre in Paris? "Wir hatten ja nichts als Gegenleistung zu bieten", sagt de Mooij.
Dann machten die Niederländer den Museen aber doch noch ein verlockendes Angebot. Vor neun Jahren starteten sie das bisher umfangreichste Forschungs- und Restaurierungsprojekt zum Gesamtwerk von Hieronymus Bosch. "Wir haben die Gemälde und Zeichnungen mit den neuesten Techniken untersuchen lassen", sagt de Mooij. 12 Werke wurden so restauriert.
Rätselhafter Maler
Die Forscher konnten einige Rätsel lösen – die Ergebnisse des Projekts werden im Februar vorgelegt. Doch das größte Rätsel bleibt. Wer war dieser Maler auf der Schwelle von Mittelalter und Renaissance, dessen detaillierte Visionen von Himmel und Hölle bis heute eine unerklärliche Anziehungskraft auf Millionen Menschen ausüben?
"Eigentlich wissen wir kaum etwas über ihn", sagt Joop van Dijk. Der 63-jährige ehemalige Schulleiter führt in seiner Freizeit Besucher durch 's-Hertogenbosch. Auf dem alten Marktplatz steht eine große Skulptur, die den Maler darstellen soll. "Ob er echt so aussah?" Van Dijk lacht und zuckt mit den Schultern: "Wir wissen es nicht."
Nur eines ist sicher: Am 9. August 1516 läuteten die Glocken der Sint-Jans-Kathedrale zur Trauerfeier. "Das kostete 27 Schillinge", zitiert van Dijk die Kirchenbücher. Doch wo sein Grab ist, woran er starb, ob er Kinder hatte – das alles ist unbekannt. Als der Maler als Hieronymus van Aken um 1450 geboren wurde, war 's-Hertogenbosch eine blühende, reiche Metropole – bekannt für feine Stoffe und die Kunst. Die van Akens waren eine angesehene Maler-Familie mit Wohnsitz am alten Markt. "Allerdings auf der armen Seite des Platzes", sagt van Dijk.
Charmantes Heimatstädtchen
Die Heirat mit der wohlhabenden Aleid van de Meervenne 1480 brachte Bosch, so sein Künstlername, in die höheren Kreise und auf die "reiche Seite" des Marktes. Er wurde sogar in die illustre Liebfrauen-Bruderschaft aufgenommen. Diese sogenannte Schwanenbruderschaft besaß in der Kathedrale eine eigene Kapelle, für die er wohl auch ein Altarbild gemalt hat. Der Ruhm des Malers reichte aber weit über die Stadtgrenzen hinaus bis an den spanischen Hof.
Vieles in der charmanten Stadt 's-Hertogenbosch ist noch genauso wie zu Lebzeiten des Malers. Die Gässchen, der alte Markt, die Kathedrale. Auch die Schwanenbruderschaft gibt es noch immer – ihr berühmtestes Mitglied ist heute der niederländische König Willem-Alexander.
"Bosch würde sich heute immer noch zurechtfinden", sagt Stadtführer van Dijk lachend. Er zeigt auf das Dach der Sint-Jans-Kathedrale. Dort oben sitzen in Stein gehauene teuflische Monster. "Wie von Bosch gemalt." Nur eine Figur wäre dem Maler sicher fremd. Der "Engel mit dem Handy" – der wurde 2011 bei der Restaurierung der Kirche neu aufs Dach gesetzt.