Hilfe für Zentralafrika - ein logistischer Alptraum
28. Februar 2014Es ist bereits Hollandes zweiter Besuch in der Zentralafrikanischen Republik seit Beginn des französischen Einsatzes am 5. Dezember 2013. Die rund 2000 Soldaten der Mission Sangaris unterstützen die etwa 6000 Mann starke afrikanische MISCA-Mission. "Die Situation in Bangui ist spürbar besser geworden", sagte Hollande vor Soldaten der Sangaris und betonte, dass es keine Straffreiheit für Verbrecher geben werde.
Doch die Gewalt geht trotz internationaler Intervention weiter und macht Hilfe für die Bevölkerung schwierig. Erstmals seit Wochen ist nun wieder ein Hilfskonvoi in der Hauptstadt Bangui angekommen.
Einen Monat musste Hervé Massi auf diesen Moment warten - gemeinsam mit hunderttausenden Binnenflüchtlingen in Bangui in der Zentralafrikanischen Republik. Fünf Kilo Erbsen, 30 Kilo Maismehl und eineinhalb Liter Öl darf der Vater zweier Kinder nun von der Lebensmittelausgabe des Welternährungsprogramms (WFP) der UN mitnehmen. "Ohne diese Lieferungen wären wir ganz auf uns gestellt. Weil überall gekämpft wird, können wir uns selbst nicht versorgen", sagt Massi.
Doch die Rationen reichen nicht aus, um eine Familie zu versorgen. "Das reicht vielleicht für zwei Wochen, wenn wir es mit etwas Maniok mischen. Aber die meisten haben kein Geld, sich zusätzlich etwas zu kaufen. Wir fordern von der internationalen Gemeinschaft, uns auch Zucker und Milch zu schicken", sagt Massi. Sein fünfjähriger Sohn leide bereits unter Mangelerscheinungen.
Es ist erst das dritte Mal in zwei Monaten, dass Massi und die anderen Vertriebenen Lebensmittel erhalten. Denn die dringend benötigten Hilfsgüter erreichen den Krisenstaat Zentralafrikanische Republik nur tröpfchenweise. Am Dienstag (25.02.2014) war zum ersten Mal seit Wochen wieder ein Hilfskonvoi des Welternährungsprogramms in der Hauptstadt Bangui angekommen. Wochenlang hatten die mehr als 100 Lastwagen aus Sicherheitsgründen im benachbarten Kamerun an der Grenze warten müssen, bevor sie in Begleitung schwer bewaffneter ausländischer Soldaten den Weg nach Bangui antreten konnten.
Hunderttausende Menschen hausen wie Hervé Massi und seine Kinder in Bangui in Lagern. Am Flughafen, in Kirchen, in Schulen und Moscheen. In diesen Einrichtungen beschützen die Friedenstruppen sie vor plündernden und mordenden Milizen. Doch die Bedingungen in den improvisierten Lagern sind katastrophal: Kaum Trinkwasser, wenige Toiletten und vor allem keine Lebensmittel.
Ein halbes Land wartet auf Hilfe
"Die Hauptherausforderung ist, Lebensmittel in das Land zu bringen", sagt Alexis Masciarelli vom WFP. Vor zwei Wochen hatte die Organisation nur noch 85 Tonnen im Lager in Bangui. Das reicht für die hunderttausenden Hilfsbedürftigen für drei Tage. Der Grund für die schleppenden Lieferungen seien die Probleme auf der 600 Kilometer langen Straße von Kamerun bis nach Bangui, so Masciarelli: "Das ist die Lebensader des Landes. Es ist schlicht die einzige Straße hinein und hinaus." Die Grenze war im Januar drei Wochen lang geschlossen. Seitdem sie wieder offen ist, kamen drei Konvois. "Aber es ist nicht genug, wenn wir allen Bedürftigen helfen wollen", sagt er.
Bereits vor Ausbruch der Kämpfe in Bangui im Dezember 2013 waren 1,3 Millionen Zentralafrikaner von Nahrungsmittellieferungen abhängig. Jetzt sind es fast doppelt so viele - etwa die Hälfte der 4,5 Millionen Einwohner Zentralafrikas. Und es werden täglich mehr. Der Grund: Die Bauern konnten seit Ausbruch des Krieges ihre Felder nicht bestellen, die Ernte nicht einholen. Die Lebensmittel in der Hauptstadt Bangui sind deshalb bereits knapp. Die meisten Geschäfte sind aus Sicherheitsgründen geschlossen. Falls ein Supermarkt es wagt, für wenige Stunden zu öffnen, dann stellen die Menschen fest, dass es kaum mehr Zucker oder Brot in den Regalen gibt. Was noch angeboten wird, ist teuer. Doch die Einwohner haben kaum Geld. Denn Gehälter werden nicht mehr ausgezahlt, die Banken sind geschlossen.
Mit der Regenzeit droht die Katastrophe
Die UN-Hilfsorganisationen waren auf diese Katastrophe im Herzen Afrikas nicht vorbereitet. Und das Problem drohe sich weiter dramatisch zu verschärfen, erklärt Masciarelli: Wenn nicht rasch - das heißt, bevor die Regenzeit große Teile des Landes unzugänglich macht - Lebensmittel auch in abgelegene Regionen gebracht würden, bestehe die Gefahr einer schlimmen humanitären Katastrophe.
In einer Studie stellte das WFP fest, dass 90 Prozent der Bauern keine Samen für die nächste Aussaat haben. "Wir stehen also kurz vor einer ernsthaften Nahrungsmittelkrise", sagt Masciarelli. "Wir brauchen bis August 107 Millionen Dollar. Aber es geht nicht nur darum, das Geld zu bekommen, sondern es schnell zu bekommen." Die ersten Anzeichen von Unterernährung, vor allem bei Kindern, seien bereits sichtbar.
Die sechsmonatige Regenzeit beginnt im April. Dann werden Überlandstraßen unbefahrbar. Gleichzeitig müssen die Bauern die Samen für die nächste Saison aussäen. Und zugleich vermehren sich die Moskitos wieder, die Malaria übertragen - unterernährte Menschen sind anfälliger für Krankheiten. Die Zeit spielt gegen die Helfer und die bedürftigen Menschen in Zentralafrika.