Hilfe statt Rückzug
27. Oktober 2003Wenn jemand der irakischen Bevölkerung geholfen hat - während des Krieges, davor und auch danach -, dann war dies das Internationale Rote Kreuz. Das Bagdader Hauptquartier dieser Organisation ist "folgerichtig" nun auch zur Zielscheibe eines Bombenanschlages geworden. "Folgerichtig", weil die Hintermänner solcher Terror-Anschläge keinen Unterschied machen zwischen Freund und Feind. Und weil sie es auch leichter finden, Freunde und Helfer zu treffen, die - das ebenfalls angegriffene Hauptquartier der UNO in Bagdad war solch ein Beispiel - bewusst auf amerikanischen Schutz verzichteten, um nicht in allzu große Nähe zu den Besatzern gerückt zu werden.
Klassischer Terrorismus
Wer immer hinter dieser Art von Anschlägen steckt: Sein Hauptziel ist es, fremde Helfer und ebenso die eigene Bevölkerung zu terrorisieren. Es soll eine Kluft zwischen beiden entstehen und wieder Angst und Schrecken verbreitet werden. Das sind klassische Ziele des Terrorismus, der aber nicht um seiner selbst willen betrieben wird, sondern auch, um die Stellung der Amerikaner weiter zu schwächen. Denn sie sind es ja, die letztlich von der Bevölkerung verantwortlich gemacht werden für den täglichen Mangel an Sicherheit und den nur stockenden Fortschritt bei Wiederaufbau und Normalisierung des Irak.
Die täglichen Angriffe auf US-Soldaten und auch auf das Raschid-Hotel haben eine andere Qualität. Selbst wenn der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz den Angriff auf sein Hotel als letzte Zuckungen eines sterbenden Regimes abtat: Solche Taten sind der wahnwitzige Versuch, den Besatzer loszuwerden, der als Befreier hatte kommen wollen. Sie werden die Amerikaner nicht vertreiben, sondern sie werden die einzelnen Soldaten weiter nerven und schneller schießen lassen, als es gut ist. Und sie werden damit auch dasselbe Ziel erreichen wie die Terror-Akte: Die Bevölkerung auf Distanz zu halten von den Besatzern. Feindliche und ablehnende Distanz noch dazu.
Rückzug wäre töricht
Bei der gerade zu Ende gegangenen Irak-Geberkonferenz in Madrid war immer wieder die mangelnde Sicherheit angesprochen und auch als Vorwand benützt worden, sich jetzt noch nicht voll am Wiederaufbau im Irak zu beteiligen. Solche Kritiker werden sich nach den jüngsten Anschlägen bestätigt fühlen. Aber sie haben Unrecht: Die Hilfe muss jetzt geleistet werden. Ein weiterer Rückzug der Helfer wäre zwar menschlich verständlich, sonst aber auf fatale Weise töricht: Nur wenn die Bevölkerung des Irak Fortschritte ihrer Lebensqualität spürt, wird sie sich auch selbst dem Terror entgegen stellen und werden die Täter keinen neuen Zulauf bekommen.
So bitter es jetzt schon sein und so schlimm es vielleicht noch kommen mag - alle werden doch auch einsehen müssen, dass es letztlich nur um die irakische Bevölkerung gehen darf und eine bessere Zukunft. Wer andere Pläne verfolgt - egal ob Amerikaner oder altes Regime - wird sich damit langfristig nicht durchsetzen können.